Rückzahlung von Ausbildungskosten
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 28.05.2013, Aktenzeichen 3 AZR 103/12
Ausbildungskosten müssen nicht zurückgezahlt werden, wenn die Rückzahlung eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Eine unangemessene Benachteiligung besteht etwa darin, dass die Rückzahlung nur an das vertragswidrige Verhalten einer Seite gebunden ist. Eine Rückzahlung ist auch ausgeschlossen, wenn bereits die Rückzahlungsklausel als unangemessene Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist.
Ein Pilot erwarb nach Abschluss des Arbeitsvertrages mit einer Fluggesellschaft eine Musterberechtigung für einen bestimmten Flugzeugtyp. Die Kosten der zweimonatigen Ausbildung für die Musterberechtigung wurden von der Arbeitgeberin übernommen.
Laut Arbeitsvertrag sollte das Arbeitsverhältnis mit dem Erstflug beginnen. Eine vorherige Kündigung sei ausgeschlossen. Nach Abschluss der Ausbildung verstrichen 3 Wochen ohne Erstflug. Daraufhin kündigte der Pilot mit sofortiger Wirkung und erfragte die Kosten der Ausbildung.
Die Arbeitgeberin leitete vor dem Arbeitsgericht Nürnberg eine Klage zur Rückzahlung der Ausbildungskosten ein. Da das Arbeitsverhältnis noch nicht begonnen hätte, sei die Kündigung vertragswidrig. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht Nürnberg wies die Berufung zurück. Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) sollte die Rückweisung der Revision erreicht werden.
Die Arbeitgeberin berief sich auf die im Arbeitsvertrag festgeschriebene Rückzahlungsklausel. Eine Rückzahlung sollte demnach fällig werden, falls das Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach der Ausbildung vom Arbeitnehmer gekündigt wird oder in diesem Zeitraum eine Kündigung der Arbeitnehmerin aus wichtigem Grund erfolgt.
Das BAG erläuterte, die Rückzahlungsklausel ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Rückzahlungsklausel benachteiligt den Piloten unzulässig. Die Rückzahlungspflicht wurde im Arbeitsvertrag undifferenziert an das Ausscheiden des Piloten gebunden. Ob die Arbeitgeberin am Ausscheiden des Piloten eventuell mitschuldig ist, wurde nicht betrachtet.
Es ist unzulässig, die Rückzahlungspflicht ausschließlich an das Ausscheiden des Arbeitnehmers durch Eigenkündigung zu knüpfen. Es muss nach den Ausscheidungsgründen differenziert werden, siehe auch BAG 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – Rn. 27, BAGE 118, 36. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit erhalten, durch seine Treue zum Unternehmen die Rückzahlung zu verhindern.
Nach Auffassung des BAG hat grundsätzlich der Arbeitgeber Investitionen zu tragen, die im Nachhinein wertlos werden.
Ist das vorzeitige Ausscheiden des Mitarbeiters auf Gründe zurückzuführen, die beim Arbeitgeber liegen, so würde er unzulässig mit den Folgen einer fehlgeschlagenen Investitionen des Arbeitgebers belastet.
Die einseitige Klausel zur Rückzahlung der Ausbildungskosten ist eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht möglich ist (vgl. ausführlich BAG 13. Dezember 2011 – 3 AZR 791/09 – Rn. 29 ff.).
Bereits mit der Formulierung unangemessener AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) tritt ein Verstoß gegen §§ 305 ff. BGB ein. Die Rückzahlungsklausel ist damit ungültig. Deshalb ist auch unwichtig, ob die Arbeitgeberin durch ihr Verhalten einen Einfluss auf die Kündigung des Piloten hatte.
Einen Schadenersatzanspruch der Arbeitgeberin wegen der vorzeitigen Kündigung des Piloten schließt das BAG ebenfalls aus. Der Pilot absolvierte die Ausbildung auf der Basis einer konkreten, rechtlichen Vereinbarung mit der Arbeitgeberin. Lediglich die Rückzahlungsklausel darin war unwirksam.