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Fristlose Kündigung ohne Abmahnung unwirksam

Fristlose Kündigung wegen Missachtung des Rauchverbots

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.08.2013, Aktenzeichen 1 Sa 80/13

Der Verstoß gegen das Rauchverbot ist selbst in einer Lackiererei kein Grund zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Nur bei der konkreten Gefahr von Brand und Explosion wäre die fristlose Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt gewesen.

 

Nach eigenen Angaben des Lackierers habe er einmalig im Schleifraum der Lackiererei geraucht. Im Schleifraum gebe es kein Rauchverbotsschild. Brennbare Flüssigkeiten würden im Schleifraum nur gelegentlich in einem Stahlschrank aufbewahrt. Im Schleifraum hätten auch andere Kollegen geraucht.

In seiner Kündigungsschutzklage machte der Lackierer die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung geltend. Es wäre für die Arbeitgeberin zumutbar gewesen, die 12-tägige Kündigungsfrist einzuhalten.

Die Arbeitgeberin argumentierte, der Lackierer habe durch sein fahrlässiges Verhalten die Existenz des Betriebes gefährdet, da er eine konkrete Brandgefahr herbeigeführt hat. Im Schrank des Schleifraumes befänden sich hochexplosive Stoffe.

In der ersten Instanz stellte das Arbeitsgericht Neumünster (Aktenzeichen 3 Ca 1158 d/12) fest, das Arbeitsverhältnis wurde nicht fristlos beendet, sondern zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist von 12 Tagen. Die Begründung des Urteils berief sich vorrangig auf das fehlende Rauchverbotsschild im Schleifraum.

Von der Arbeitgeberin in die Schlussabrechnung einbezogene Anrechnungen von 104 Minusstunden aus dem laufenden Jahr, die durch Raucherpausen verursacht mit jeweils 10 Minuten, zu verrechnen seien, wurden abgewiesen. Die Arbeitgeberin wurde verurteilt, den vollen ausstehenden Lohn bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist zu zahlen, einschließlich vermögenswirksamer Leistungen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) erklärt ebenfalls die fristlose Kündigung für ungültig.

Der Lackierer habe mit seinem Verhalten an sich einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geliefert. Bereits aus dem Arbeitsvertrag sei ersichtlich, dass in sämtlichen Räumen des Betriebes Rauchverbot herrsche.
Es sei nicht entscheidend, ob in der Schleiferei ein Rauchverbotsschild angebracht war.

Als maßgebend betrachtet das LAG hingegen, dass der Lackierer bisher nicht abgemahnt wurde und zum ersten Mal gegen das Rauchverbot verstieß.

Zudem wäre eine fristgerechte Kündigung, in Anbetracht der Kündigungsfrist von 12 Tagen, angemessen und der Arbeitgeberin zumutbar gewesen.
Es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Lackierer während der regulären Kündigungsfrist wiederholt gegen das Rauchverbot verstoßen würde. Eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen das Rauchverbot lag nicht vor. Erst nach erneutem Verstoß, nach einer ausgesprochenen Abmahnung, sei eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.

Nach Ansicht des LAG lagen keine konkreten Brand- oder Explosionsgefahren vor. Die Angaben des Lackierers, wonach am Tag des Verstoßes keine Lösungsmittel im verschlossenen Stahlschrank gelagert wurden, weil Monteure damit gearbeitet hätten, wurde von der Arbeitgeberin nicht bestritten.

Eine vorherige Abmahnung wäre zwingend notwendig gewesen, um eine fristlose Kündigung aussprechen zu können.

Deshalb bestand das Arbeitsverhältnis bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist. Bis dahin entstand auch ein Anspruch auf reguläres Arbeitsentgelt.

Eine Gegenrechnung von Arbeitgeberansprüchen auf das Bruttoentgelt ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 16.03.1994 – 5 AZR 411/92) unzulässig. Die Aufrechnung ist nur im Rahmen der Pfändungsgrenzen gegenüber dem Nettoanspruch möglich.

Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.