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Betriebsrat hat Mitbestimmungsrecht bei Bewerbungen

Mitbestimmungsrecht Betriebsrat bei Bewerbungen

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.10.2014, Aktenzeichen ABR 10/13

Die Arbeitgeberin ist verpflichtet, den Betriebsrat über sämtliche Einstellungen und Bewerbungen zu unterrichten. Es besteht eine Vorlage- und Auskunftspflicht nach § 99 Abs.1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz).

Der Betriebsrat einer Filiale eines bundesweit handelnden Textilunternehmens machte geltend, er sei über alle im unternehmenseigenen Bewerbungscenter eingehenden Bewerbungen zu informieren, soweit diese Bewerbungen sich auf die Filiale des Betriebsrats bezögen. Selbst dann, wenn die Bewerbungen bereits vom Bewerbungs-Center aussortiert und nicht zur Entscheidung dem zuständigen Store-Manager vorgelegt wurden.

Das Bewerbungs-Center verglich die Bewerbungen mit einem Anforderungsprofil und leitete die Bewerbungen nur dann weiter, falls die Bewerber über eine passende Qualifikation verfügten und dem Anforderungsprofil genügten. Das bedeutet, Informationen über vom Bewerbungs-Center abgelehnte Bewerber erreichten weder den zuständigen Store-Manager noch den Betriebsrat.

In einem vom Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat geltend, im Rahmen seiner Beteiligung nach § 99 Abs. 1 BetrVG müssten ihm auch die vom Bewerbungs-Center aussortierten Bewerbungen vorgelegt werden.

Die Arbeitgeberin argumentierte hingegen, der Betriebsrat sei nur über Bewerbungen zu unterrichten, die vom Bewerbungs-Center an die Filialleitung weiter geleitet werden. Bewerber seien nur Personen, die in konkretem Anbahnungsverhältnis zum Store-Manager der Filiale stünden.

Das Arbeitsgericht wies das Feststellungsbegehren ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat dem Feststellungsbegehren entsprochen.

Mit einer Rechtsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) strebte die Arbeitgeberin weiterhin die Abweisung des Feststellungsbegehrens an.

Das BAG entschied, die Rechtsbeschwerde sei unbegründet. Die Feststellung des Vorlage- und Auskunftsbegehrens betreffe nur die Personen, deren Online-Bewerbungen nicht an die Filialleitung weitergeleitet wurden. Zurück genommene Bewerbungen seien vom Feststellungsbegehren nicht betroffen.

Als Bewerber seien nur Personen anzusehen, die sich auf eine konkrete Stelle bewerben. Es müsse ein Anbahnungsverhältnis zur Arbeitgeberin für einen konkreten Arbeitsplatz bestehen. Würde ein Personalberatungsunternehmen eingeschaltet, das keine Stellenanzeigen schaltet und nur damit beauftragt wurde, geeignete Bewerber vorzuschlagen, sei diese Anforderung nicht erfüllt. Die Online-Bewerbungen an das unternehmenseigene Bewerbungs-Center erfolgten jedoch stets auf konkrete Stellen.

Nach § 99 Abs. 1 BetrVG habe die Arbeitgeberin in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern dem Betriebsrat vor jeder Einstellung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über den angestrebten Arbeitsplatz und die Eingruppierung zu geben. Die Arbeitgeberin habe dem Betriebsrat auch Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

Die Vorlage- und Auskunftspflicht erstrecke sich auch auf Bewerbungen aus dem Bewerbungs-Center, die sich auf die Filiale beziehen und nicht an die Filialleitung weitergeleitet wurden. Dem Betriebsrat sollen Informationen zukommen, die ihm ermöglichen sein Recht zur Stellungnahme wahrnehmen zu können. Der Betriebsrat müsse prüfen können, ob ein Verweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG vorliege. Der Betriebsrat solle aber auch die Möglichkeit erhalten, Anregungen für die Auswahl der Bewerber vorzulegen sowie Argumente hervorzubringen, die für die Auswahl eines anderen Bewerbers sprechen könnten. Das gelte selbst für Fälle, für die der Betriebsrat keinen Verweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG geltend machen könne.

Nach geltender Rechtsprechung habe die Arbeitgeberin alle Bewerbungsunterlagen von Beteiligten, auch die nicht berücksichtigten und abgelehnten, dem Betriebsrat vorzulegen. Nur so könne der Betriebsrat seiner gesetzlichen Prüfungspflicht nachkommen.

Beteiligte im Sinne des Mitbestimmungsrechts seien alle Personen, die ein konkretes Interesse an einem ausgeschriebenen Arbeitsplatz bekundeten. Selbst dann, wenn sie das Anforderungsprofil oder die Qualifikationsvoraussetzungen nicht erfüllten und offensichtlich für die Stelle ungeeignet seien. Das gelte ebenso für Fälle, in denen die Bewerbungen als nicht ernsthaft eingeschätzt werden.

Allein zur Vermeidung von Abgrenzungsproblemen in Einzelfällen und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit sei eine umfassende Auskunfts- und Vorlagepflicht notwendig.