Betriebsratswahlen – Größe des Betriebsrats
Landesarbeitsgericht Mainz, Urteil vom 06.03.2015, Aktenzeichen 1 TaBV 23/14
Die Anzahl der Personen im Betriebsrat wird von der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitskräfte im Unternehmen bestimmt. Für die Betriebsratswahl sind Stammarbeitnehmer und wahlberechtigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen.
Nach § 9 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) bestimmt sich die Größe des Betriebsrats in Betrieben mit 21 bis 50 wahlberechtigten Teilnehmern mit 3 Mitgliedern. In Betrieben mit 50 bis 100 wahlberechtigten Teilnehmern ist ein 5-köpfiger Betriebsrat zu wählen.
Die Arbeitgeberin beschäftigte am Standort 32 festangestellte Arbeitnehmer sowie eine wechselnde Zahl Leiharbeitnehmer. Nach der vom Wahlvorstand erstellten Wählerliste waren zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl 32 Festangestellte sowie 41 Leiharbeitnehmer wahlberechtigt.
Der Wahlvorstand stellte dennoch nur 3 Betriebsratsmitglieder zur Wahl. Dagegen wandten sich einige Arbeitnehmer mit einer Klage beim Arbeitsgericht. Die Zahl der insgesamt Beschäftigten sei nur in einem einzigen Monat des Vorjahres unter die Marke von 50 Personen gefallen.
Das Arbeitsgericht erklärte die Betriebsratswahl für unwirksam. Die Wahl eines nur 3-köpfigen Gremiums verstoße gegen § 9 BetrVG, der für mehr als 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb ein 5-köpfiges Gremium vorsehe.
Der Wahlvorstand hätte nur dann von der Zahl der zum Wahltag Stimmberechtigten abweichen dürfen, wenn er für eine ausreichende Zahl Leiharbeiter konkrete Anhaltspunkte gefunden hätte, dass diese zukünftig nicht mehr im Betrieb tätig sein und nicht durch andere Leiharbeitnehmer ersetzt werden, deren Wahlberechtigung sich aus einer mindestens drei Monate währenden Tätigkeit im Betrieb ergäbe.
Der Betriebsrat hingegen machte geltend, dass ihm ein Ermessensspielraum zugebilligt werden müsse. Während der Saison ergäben sich erhebliche Schwankungen im Arbeitsaufkommen. Bei prognostischer Betrachtung hätte die Zahl der Leiharbeitnehmer nach unten korrigiert werden müssen. Der Wahlvorstand hätte davon ausgehen müssen, dass mit ausklingender Saison die Zahl der Leiharbeitnehmer deutlich zurückginge.
Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) beantragte der Betriebsrat, den Beschluss des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.
Das LAG stellte fest, dass es sich um einen Betrieb mit regelmäßig mehr als 50 und weniger als 101 Arbeitnehmer im Sinne von § 9 Satz 1 BetrVG handele.
Unstreitig seien zum Tag der Betriebsratswahl 32 Beschäftigte fest angestellt gewesen. Für zeitweilig Beschäftigte komme es darauf an, ob während des größten Teils des Jahres eine Beschäftigung bestehe. Im vorhergehenden Jahr wurde lediglich in einen Monat der Schwellenwert der Wahlberechtigten für einen 5-köpfigen Betriebsrat unterschritten. Im Wahljahr wurden zwischen 84 und 107 Personen beschäftigt.
Auch die Arbeitgeberin gehe davon aus, dass im Allgemeinen eine Beschäftigungszahl von mehr als 50 Personen zutreffend sei.
Dem Wahlvorstand müsse wegen der schwankenden Beschäftigtenzahl und der Notwendigkeit einer Prognose ein Ermessensspielraum zugestanden werden. Da der Schwellenwert hier jedoch erheblich überschritten wird, müssten nachvollziehbare Tatsachen vorliegen, die eine derartige Prognose rechtfertigten. Der Betriebsrat habe solche Tatsachen nicht aufgezeigt. Der Betriebsrat habe zwar erklärt, dass die nach der Betriebsratswahl ausklingende Saison mit einer deutlich geringeren Anzahl an Leiharbeitnehmer einhergehe. Eine saisonale Schwankung unter den Wert von 50 wahlberechtigten Mitarbeitern sei jedoch anhand der Beschäftigungszahlen aus dem Vorjahr nicht nachvollziehbar.
Es sei auch keine unternehmerische Entscheidung bekannt, die ein prognostisches Absinken der Zahlen erwarten ließe. Die Arbeitgeberin ginge im Gegenteil weiterhin von einer Überschreitung des Schwellenwertes von 50 Beschäftigten aus.
Es sei auch die Bedingung erfüllt, dass es sich um wahlberechtigte Beschäftigte handeln müsse. Diese Bedingung nach § 7 Satz 2 BetrVG sei für Leiharbeitnehmer erfüllt, die länger als 3 Monate im Betrieb eingesetzt sind.
In Abwägung der Umstände durfte der Wahlvorstand nicht davon ausgehen, dass regelmäßig weniger als 51 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt würden. Die Betriebsratswahl wurde für unwirksam erklärt.
Eine Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.