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Kosten einer Betriebsratsschulung

Übernachtungskosten während einer Betriebsratsschulung

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.05.2015, Aktenzeichen 7 ABR 26/13

Die Arbeitgeberin ist verpflichtet Kosten zu tragen, die im Zusammenhang mit einer Betriebsratsschulung entstehen.

In Absprache mit der Arbeitgeberin und nach einer Beschlussfassung des Betriebsrats wurde ein Betriebsratsmitglied für eine Betriebsratsschulung zunächst als Tagesgast angemeldet. Der Vertreter der Arbeitgeberin bat die Veranstaltung in lokaler Nähe abzuhalten, um Übernachtungskosten zu vermeiden.
Wenige Tage später veranlasste das Betriebsratsmitglied die Sekretärin des Betriebsrats, beim Veranstalter ein Einzelzimmer mit Vollpension für die Dauer der Betriebsratsschulung zu buchen.

Das Betriebsratsmitglied, dessen Wohnort sich 44 km entfernt vom Schulungsort befand, wohnte in der Zeit der Schulung in dem Zimmer. Der Veranstalter stellte der Arbeitgeberin die Zimmerkosten in Rechnung. Die Arbeitgeberin lehnte es ab, die Rechnung zu begleichen. Das Betriebsratsmitglied solle die Rechnung selbst zahlen.

 Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, die Arbeitgeberin habe das Betriebsratsmitglied von der Verpflichtung zur Zahlung der Hotelkosten freizustellen. Die Übernachtungen seien notwendig gewesen. Der Nutzen von Betriebsratsschulungen bestehe neben der Weiterbildung auch im abendlichen Erfahrungsaustausch zwischen Teilnehmern und Referenten. Wegen der winterlichen Witterungsbedingungen mit Schnee und Glatteis und der damit verbundenen Gefährdung im Straßenverkehr sei eine tägliche An- und Abreise nicht zumutbar gewesen.

Vor dem Arbeitsgericht beantragte der Betriebsrat, das Betriebsratsmitglied von der Zahlung der Übernachtungskosten während der Schulungszeit freizustellen. Die Arbeitgeberin beantragte die Abweisung des Antrags. Für die kurze Distanz zwischen Schulungsort und Wohnung seien die Übernachtungen nicht notwendig gewesen. Während der Zeit der Schulung habe es keine außergewöhnlichen Witterungsbedingungen gegeben. Die Entscheidung zur Übernachtung habe nicht auf widrigen Wetterbedingungen beruht, da diese bei der Hotelbuchung nicht absehbar waren. Während des Seminars habe das Betriebsratsmitglied nicht geprüft, ob die Übernachtungen im Schulungshotel notwendig seien.

Ds Arbeitsgericht wies den Antrag des Betriebsrats ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) gab dem Antrag statt, nachdem es Auskunft vom Deutschen Wetterdienst eingeholt hatte. Mit ihrer Rechtsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht begehrte die Arbeitgeberin die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.

Das BAG führte aus, zu den Kosten des Betriebsrats gehörten auch die Schulungskosten seiner Mitglieder. Sind Betriebsratsmitglieder Zahlungsverpflichtungen für den Besuch betriebsverfassungsrechtlicher Schulungen eingegangen, sei der Betriebsrat berechtigt, von der Arbeitgeberin die Freistellung des Betriebsratsmitgliedes von der Zahlungsverpflichtung zu verlangen.

Die Arbeitgeberin sei nach § 40 Abs. 1 und § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) verpflichtet, das Betriebsratsmitglied von der Verpflichtung zur Zahlung der Übernachtungskosten freizustellen.

Sofern das vermittelte Wissen einer Schulung für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist, habe die Arbeitgeberin die Kosten an der Teilnahme der Schulung zu tragen. Zu den Kosten der Schulung gehören neben dem Seminargebühren auch Reise-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten. Unter dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist der Betriebsrat verpflichtet, die Arbeitgeberin nur mit Kosten zu belasten, die er in der Sache für angemessen halten darf. Der Betriebsrat und seine Mitglieder haben die verursachten Kosten auf das notwendige Maß zu beschränken.

Zwischen den Parteien bestand Einigkeit darüber, dass die Teilnahme an der Schulung erforderlich war und die Schulungsteilnahme auf einem ordentlichen Betriebsratsbeschluss beruhte.

Die Entscheidung des LAG sei nicht zu beanstanden. Das Betriebsratsmitglied habe die Übernachtung am Schulungsort als erforderlich halten dürfen, weil die tägliche An- und Abfahrt wegen der Witterungsbedingungen und Straßenverhältnisse nicht zumutbar gewesen sei. Das LAG sei vom Begriff der Erforderlichkeit ausgegangen und habe alle maßgeblichen Umstände widerspruchsfrei gewürdigt. Es sei unerheblich ob zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats und zum Zeitpunkt der Buchung des Hotelzimmers die Witterungsverhältnisse noch nicht absehbar waren.

Der Beschluss des Betriebsrats müsse sich auf eine bestimmte Schulung und ein bestimmtes Betriebsratsmitglied beziehen, jedoch nicht auf verwendete Verkehrsmittel und eventuelle Übernachtungen. Wurden diese Umstände dennoch in der Beschlussfassung berücksichtigt, müsse sich das Betriebsratmitglied nicht daran halten, falls sich in der Zwischenzeit die Umstände gravierend geändert haben.

Für die Betrachtung der Erforderlichkeit sei grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschlussfassung zu betrachten. Davon könne abgewichen werden, falls sich die Umstände gravierend geändert haben und das Betriebsratsmitglied die Kosten unter den veränderten Bedingungen für erforderlich halten konnte. Eine erneute Beschlussfassung des Betriebsrats sei nicht erforderlich.

Unter Berücksichtigung der Auskunft des Deutschen Wetterdienstes habe das LAG außergewöhnliche Straßenverhältnisse mit durchgehender Schnee- und Eisglätte festgestellt. Daraus resultierten längere Fahrzeiten und ein erhöhtes Unfallrisiko. Unter diesen Umständen durfte das Betriebsratsmitglied die Übernachtungen selbst unter Beachtung des Kosteninteresses der Arbeitgeberin für erforderlich halten.

Bereits bei üblichen Verkehrsverhältnissen waren bei einem Anfahrtsweg von 44 km nicht unerhebliche Fahrzeiten einzuplanen. Erheblich längere Fahrzeiten waren dem Betriebsratsmitglied auch deshalb nicht zuzumuten, weil bei dieser Art von Schulungsveranstaltungen der Gedanken- und Erfahrungsaustausch über die Betriebsratsarbeit außerhalb des regulären Programms unter den Seminarteilnehmern fortgesetzt wird. Die außergewöhnlichen Straßenverhältnisse hätten bei einer täglichen An- und Abreise den Austausch nahezu unmöglich gemacht. Die Kosten der Übernachtung hielt das BAG für angemessen, da nicht ersichtlich war, dass eine kostengünstigere Übernachtungsmöglichkeit am Seminarort vorhanden war.