Auswahl des Vorsitzenden einer Einigungsstelle
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.03.2019
Ein Vorsitzender der Einigungsstelle muss unparteilich und neutral gegenüber den Betriebsparteien sein, sowie über die notwendige Sach- und Rechtskunde verfügen. Deshalb werden in der Praxis überwiegend Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit für den Vorsitz der Einigungsstelle bestellt.
Betriebsrat und Arbeitgeberin verhandelten über eine Betriebsvereinbarung zur Ausgestaltung der Arbeitszeit. Nach mehreren Verhandlungsrunden wurde keine Einigung erzielt. Der Betriebsrat kündigte die bisherige Betriebsvereinbarung zum April 2019. Nach weiteren erfolglosen Verhandlungsrunden beantragte der Betriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle. Im Antrag wurden der Regelungsgegenstand sowie der Einsatz eines bestimmten Richters am Arbeitsgericht als Vorsitzenden benannt. Die Arbeitgeberin beantragte die Zurückweisung des Antrages.
Das Arbeitsgericht setzte die Einigungsstelle mit dem benannten Regelungsgegenstand und Richter (außer Dienst) als Vorsitzenden ein. Die Anzahl der Beisitzer wurde auf je drei festgesetzt. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts legte die Arbeitgeberin Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (LAG) ein. Sie beantragte, die Anträge des Betriebsrats zurückzuweisen und den Richter eines anderen Arbeitsgerichts als Vorsitzenden zu benennen.
Der Betriebsrat erläuterte, es stehe im subjektiven Ermessen der Betriebsparteien zu entscheiden, ob weitere Verhandlungen als sinnvoll eingeschätzt werden. Nach Meinung des Betriebsrats sei das Gericht an den Vorschlag der antragstellenden Betriebspartei hinsichtlich des Vorsitzes gebunden, falls es keine durch Tatsachen begründete Bedenken bezüglich der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des vorgeschlagenen Vorsitzenden gebe.
Das LAG entschied, die Beschwerde habe lediglich hinsichtlich der Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle Erfolg. Für die Einrichtung der Einigungsstelle bestehe ein Rechtsschutzinteresse. Beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit solle möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung stehen.
Die Betriebsparteien seien bereits seit 2017 in Verhandlungen. Den Verhandlungen war ein Streit vorangegangen, die durch ein Beschlussverfahren beendet wurden, mit dem Ziel, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Die Betriebsvereinbarung sei durch den Betriebsrat zum April 2017 gekündigt worden, jedoch liefen die Verhandlungen mit der Arbeitgeberin weiter. Es sei dann Sache der Betriebsparteien, darüber zu entscheiden, wann die Verhandlungen aus subjektiver Sicht der Partei nicht mehr erfolgversprechend sind.
Hinsichtlich der vorgeschlagenen Person des Vorsitzenden sei das Gericht nicht an einen Vorschlag gebunden. Das Gericht könne auch eine Person stellen, die von den Beteiligten nicht in Betracht gezogen wurde. Es müsse den Parteien lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen.
Für das Amt des Einigungsstellenvorsitzenden verlange das Betriebsverfassungsgesetz keine besonderen Voraussetzungen. Es müsse sich lediglich um eine Person handeln, die die Voraussetzung der Unparteilichkeit nach § 76 Absatz 2 Satz 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) und die der Inkompatibilität nach § 100 Absatz 1 Satz 5 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) erfüllt. Als weitere ungeschriebene Voraussetzungen müssten die notwendige Sach- und Rechtskunde vorhanden sein. Speziell die erforderliche Rechtskunde führe in der Praxis ganz überwiegend dazu, dass Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit zu Vorsitzenden der Einigungsstellen bestellt werden. Unparteilichkeit setze Neutralität gegenüber den Betriebspartnern voraus. Der Einigungsstellenvorsitzende müsse die Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung bieten.
Entsprechend diesen Kriterien folgte das LAG nicht den Vorschlägen der Betriebsparteien und setzte den nicht mehr amtierenden Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ein. Gegenüber den Betriebsparteien sei er unparteiisch und neutral. Als ehemaliger Richter des LAG könne er eingesetzt werden, da auszuschließen sei, dass er mit der Überprüfung, Anwendung oder Auslegung des Spruchs der Einigungsstelle befasst sein werde. In seiner Ruhephase sei er weiterhin ständig als Einigungsstellenvorsitzender tätig und verfüge über eine entsprechende Reputation. Die Betriebsparteien hätten keine Bedenken bezüglich dieses Vorsitzenden geäußert.
Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss wurde nicht zugelassen.