Externer Beisitzer Einigungsstelle
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 31.05.2022, Aktenzeichen 5 TABV 17/21
Betriebsrat sowie Arbeitgeberin können einen oder mehrere betriebsfremde, honorarberechtigte Beisitzer benennen.
Im Jahr 2019 verhandelte die Arbeitgeberin mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitskleidung. Nach den gescheiterten Verhandlungen beschlossen die Parteien, eine Einigungsstelle mit jeweils 4 Beisitzern einzusetzen.
Mit Beschluss des Betriebsrats wurden zwei Mitarbeiter und zwei betriebsfremde Beisitzer benannt. Externe Beisitzer wurde ein Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie ein sich mittlerweile im Ruhezustand befindlicher Gewerkschaftssekretär der langjährig für diesen Betrieb zuständig war.
Der kurz zuvor neu gewählte Betriebsratsvorsitzende gehörte erstmalig einer Einigungsstelle an und verfügte diesbezüglich noch über keine Erfahrungen. Er hatte den ehemaligen Gewerkschaftssekretär um dessen Unterstützung gebeten. In seiner Funktion als Gewerkschaftssekretär war dieser regelmäßig mit Fragen der Arbeitskleidung befasst.
Gegenüber der Arbeitgeberin rechnete der ehemalige Gewerkschaftssekretär ein Honorar in Höhe von 7/10 der Vergütung des Vorsitzenden ab. Die Arbeitgeberin zahlte zwar das Honorar für den als Beisitzer benannten Fachanwalt für Arbeitsrecht, lehnte aber die Zahlung eines Honorars für einen weiteren betriebsfremden Beisitzer ab.
Vor dem Arbeitsgericht vertrat der ehemalige Gewerkschaftssekretär erstinstanzlich die Ansicht, dass er als nicht dem Betrieb angehörender Beisitzer nach § 76a Absatz 3 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) ein Honorar beanspruchen könne. Jede Seite habe das Recht, diejenigen Beisitzer zu benennen, denen sie das nötige Vertrauen entgegenbringe. Der Betriebsrat habe ihn aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit und dessen Kenntnissen im Bereich des Gesundheitsschutzes und der Arbeitskleidung ausgewählt. Selbst wenn er noch hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär gewesen wäre, hätte er als Beisitzer einer Einigungsstelle einen Vergütungsanspruch gehabt.
Die Arbeitgeberin vertrat die Ansicht, neben der Bestellung eines Rechtsanwalts sei die Hinzuziehung eines zweiten betriebsfremden und somit vergütungspflichtigen Beisitzers nicht erforderlich gewesen. Es sei unverhältnismäßig, bei diesem simplen Regelungsgegenstand, zusätzlich zu der Beisitzervergütung für den Rechtsanwalt, weitere Honorarkosten zu verursachen.
Das Arbeitsgericht entsprach dem Antrag. Die Anzahl der betriebsfremden Beisitzer sei gesetzlich nicht begrenzt. Der Betriebsrat dürfe ebenso wie die Arbeitgeberin mehr als einen externen Beisitzer benennen. Ausschlaggebend sei das Vertrauen in die Person und in die Fachkompetenz des Beisitzers. Der Honoraranspruch des Beisitzers hänge nicht davon ab, ob seine Bestellung im Einzelfall erforderlich gewesen sei. Auf die Erforderlichkeit komme es nur dann an, wenn es um die Anzahl der Beisitzer gehe.
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts legte die Arbeitgeberin Beschwerde beim Landesarbeitsgericht ein. Die Arbeitgeberin müsse grundsätzlich nur die notwendigen Kosten der Betriebsratstätigkeit tragen. Es handele sich um einen dem Betriebsverfassungsrecht immanenten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Da bereits ein Rechtsanwalt Mitglied der Einigungsstelle gewesen sei, habe es der Bestellung eines weiteren betriebsfremden Beisitzers nicht mehr bedurft.
Der ehemalige Gewerkschaftssekretär erwiderte, auf die Erforderlichkeit komme es gerade nicht an. Der Betriebsrat dürfe sogar ausschließlich externe Beisitzer bestellen. Die Heranziehung eines betriebsfremden Beisitzers sei nur dann unwirksam, wenn der Betriebsrat rechtsmissbräuchlich handele oder eine offensichtlich ungeeignete Person benenne.
Das Landesarbeitsgericht entschied, das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu Recht und mit der zutreffenden Begründung entsprochen.
Nach § 76a Absatz 3 BetrVG hat ein betriebsfremder Beisitzer gegenüber der Arbeitgeberin einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit im Einigungsstellenverfahren, dessen Höhe sich nach den Grundsätzen des § 76a Absatz 4 BetrVG richtet. Unabhängig von den Erwägungen, die den Betriebsrat zur Bestellung eines betriebsfremden Beisitzers veranlassen, besteht ein Vergütungsanspruch kraft Gesetzes, wenn der Betriebsrat den Bestellungsbeschluss verfahrensfehlerfrei fasst, der Beisitzer die Bestellung annimmt und seine Tätigkeit in der Einigungsstelle erbringt.
Die Befugnis zur Bestellung von Beisitzern ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt. Beide Betriebsparteien können auch Personen in die Einigungsstelle berufen, die nicht dem Betrieb angehören.
Für die Auswahlentscheidung des Betriebsrats hinsichtlich der von ihm zu benennenden Beisitzer ist in erster Linie das Vertrauen in die Person des Beisitzers maßgebend. Er muss für den Betriebsrat die Gewähr dafür bieten, die streitigen Regelungsfragen in Verhandlungen mit der Arbeitgeberin einer Konfliktlösung zuzuführen und dabei die Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Belegschaft angemessen zu wahren.
Die Beteiligten dürfen hingegen keine Personen benennen, die offensichtlich ungeeignet sind, in der Einigungsstelle tätig zu werden.
Der Betriebsrat wie auch die Arbeitgeberin können einen oder mehrere betriebsfremde und somit honorarberechtigte Beisitzer benennen. Die Wirksamkeit der Bestellung des außerbetrieblichen Beisitzers – und damit dessen Honoraranspruch – hängt nicht davon ab, ob seine Benennung im Einzelnen erforderlich gewesen ist bzw. der Betriebsrat die Bestellung einzelner oder mehrerer betriebsfremder Beisitzer für erforderlich halten durfte.
Durch die Bestellung betriebsfremder Beisitzer entstehen zwar ggf. weitere von der Arbeitgeberin zu tragende Kosten. Da jedoch jede Seite im Regelfall nicht mehr als zwei oder drei Beisitzer benennen kann, ergibt sich daraus eine Begrenzung der Kostenlast.
Die Anzahl der Beisitzer richtet sich nach dem tatsächlichen und rechtlichen Umfang der Regelungsstreitigkeit und deren Schwierigkeit bzw. Komplexität, d. h. nach dem jeweils erforderlichen Sachverstand zu den betrieblichen Abläufen und Verhältnissen sowie den zu behandelnden rechtlichen und technischen Fragestellungen.
Als Bezugsgröße für das Beisitzerhonorar kommt regelmäßig das dem Einigungsstellenvorsitzenden gezahlte Honorar in Betracht. Ein Ansatz von 7/10 der Vergütung des Vorsitzenden ist regelmäßig nicht zu beanstanden. Die beteiligte Arbeitgeberin und der Betriebsrat haben sich auf vier Beisitzer je Seite verständigt. Der Betriebsrat hat seinerseits zwei interne und zwei externe Beisitzer benannt. Ob er neben dem Rechtsanwalt einen zweiten betriebsfremden Beisitzer für erforderlich halten durfte, ist unerheblich. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Bestellung des ehemaligen Gewerkschaftssekretärs liegen nicht vor.
Eine Rechtsbeschwerde zu dieser Entscheidung wurde nicht zugelassen.