Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.02.2011, 7 ABR 92/09
Ein örtlicher Betriebsrat eines mit mehr als 300 Filialen bundesweit vertretenen Einzelhandelsunternehmens verlangte zur Ausübung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben die Freischaltung eines Internetanschlusses. Die Arbeitgeberin argumentierte, ein Internetzugang sei für die konkrete Aufgabenstellung des Betriebsrats nicht erforderlich. Die notwendigen Informationen wären auch auf anderem Wege beschaffbar.
Die Arbeitgeberin argumentiert, der Betriebsrat hätte nicht die betrieblichen Interessen berücksichtigt. Durch die Einrichtung und den Unterhalt der Internetverbindung entstehen Kosten. Folgekosten seien durch notwendige Schulungen über das Internet zu erwarten. Der Internetanschluss birgt zwangsläufig ein höheres Angriffspotenzial für Viren und Hacker. Es sei auch mit einem Anstieg der Betriebsratstätigkeiten zu rechnen. Zudem wurde auf die geringe technische Ausstattung der örtlichen Filialleitung hingewiesen. Die Filialleitung verfügt über keinen PC.
Im Unternehmen der Arbeitgeberin haben die Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses und die Mitarbeiter der in Hamburg ansässigen Personalabteilung einen Internetanschluss. Die Arbeitgeberin verfügt über eine Internet-Flatrate.
Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, ein Internetanschluss sei notwendig zur Erfüllung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben. Berechtigte Interessen der Arbeitgeberin stünden der Freischaltung eines Internetanschlusses nicht entgegen.
Das BAG argumentiert:
Der Antrag ist begründet. Der Betriebsrat kann nach § 40 Abs. 2 BetrVG von der Arbeitgeberin die Einrichtung eines Internetzugangs zur Nutzung verlangen.
Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Büropersonal sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Zur Informationstechnik iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG gehört auch das Internet (BAG 23.08.2006 – 7 ABR 55/05 – Rn. 10, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 88).
Der Betriebsrat hat selbstständig zu prüfen, ob die verlangten Sachmittel zur Erledigung der Betriebsratsaufgaben erforderlich sind. Der erforderliche Umfang eines Sachmittels muss sich nicht ausschließlich an dem Ausstattungsniveau des Arbeitgebers orientieren.
Das BAG stellt fest: Das Internet bietet generell ein ausreichendes Informationsangebot, das für die Arbeit des Betriebsrates nützlich ist. Deshalb ist keine weitere Begründung notwendig, für welche Aufgaben des Betriebsrates einzelne Informationen eingeholt werden sollen. Sobald der Betriebsrat seine betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben wahrnimmt, dient das Internet der Erfüllung dieser Aufgaben.
Das BAG begründet:
Die durch die Einrichtung und Unterhaltung eines Internetzugangs unmittelbar entstehende Kostenbelastung spricht nicht gegen das Sachmittelverlangen. Der Betriebsrat verfügt hier bereits über einen internetfähigen PC, mit dem der Zugriff auf das unternehmensweite Intranet und der Empfang und Versand von E-Mails möglich ist. Die Freischaltung eines Internetzugangs erfordert weder umfangreiche technische Veränderungen noch eine kostenintensive Anschaffung der erforderlichen Hardware. Auch ist nicht ersichtlich, dass durch die von der Arbeitgeberin angeführte Pflege und Wartung des Internetzugangs nennenswerte Kosten entstehen, zumal die bereits genutzte Hardware ohnehin gepflegt und gewartet werden muss.
Die Arbeitgeberin ist verpflichtet, dem Betriebsrat einen Internetzugang zur Nutzung einzurichten.