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Umwandlung befristeter Arbeitsvertrag in unbefristet

Umwandlung eines befristeten in einen unbefristeten Arbeitsvertrag darf keine Verschlechterung darstellen

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 08.03.2012, C-251/11

Die Umwandlung eines befristeten Arbeitsvertrages in einen unbefristeten Arbeitsvertrag darf laut EuGH nicht mit so umfassenden Änderungen verbunden sein, dass eine Verschlechterung für den Beschäftigten entsteht, falls Art und Umfang der Arbeitsaufgabe gleich bleiben.

Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer französischen Universität wurde 6 Jahre lang ununterbrochen mit befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Auf Antrag des wissenschaftlichen Mitarbeiters erfolgte die nahtlose Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Der neue Arbeitsvertrag enthielt neue Arbeitsaufgaben und verringerte Dienstbezüge. In der Praxis hatten sich die Arbeitsaufgaben nicht verändert.

Der wissenschaftliche Mitarbeiter war ununterbrochen sechs Jahre an der Université de Bretagne occidentale (Universität der Westbretagne, Frankreich, im Folgenden: UBO) als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt. In den aufeinander folgenden Jahren beruhte seine Beschäftigung auf mehreren befristeten Arbeitsverträgen. Auf Antrag des Klägers bot ihm die UBO einen unbefristeten Arbeitsvertrag an, der sich an den letzten befristeten Arbeitsvertrag anschloss. Der Kläger wurde fortan unbefristet als Forschungsingenieur beschäftigt.

Der unbefristete Arbeitsvertrag bezog sich auf andere Arbeitsaufgaben als vorher die befristete Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter. In der Praxis haben sich seine Aufgaben jedoch nicht geändert. Der Kläger beantragte eine Änderung seines unbefristeten Arbeitsvertrages, da der Arbeitsvertrag seine Aufgaben zurückstufe und seine Dienstbezüge verringere. Nach stillschweigender Ablehnung durch die UBO wurde ein Rechtsverfahren beim Tribunal administratif de Rennes eingeleitet.

Das Tribunal administratif de Rennes stellte dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage:

Wenn der Staat beschließt, die Beschäftigung eines zuvor sechs Jahre lang befristet beschäftigten Bediensteten zu verlängern, impliziert dann die in Art. 13 des Gesetzes vom 26. Juli 2005 vorgesehene Verpflichtung zum Abschluss eines unbefristeten Vertrags in Anbetracht der Ziele der Richtlinie 1999/70 notwendigerweise, dass die wesentlichen Bestimmungen des letzten geschlossenen Vertrags, insbesondere die über die Bezeichnung der Stelle und die Bezüge, unverändert in den neuen Vertrag zu übernehmen sind?

Gemäß Richtlinie 1999/70, Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, gilt:

Die Richtlinie soll einen allgemeinen Rahmen schaffen, der durch den Schutz vor Diskriminierung die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen sichert und die Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge auf einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Grundlage ermöglicht.

Unbefristete Arbeitsverträge sind die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses. Sie tragen zur Lebensqualität der betreffenden Arbeitnehmer und zur Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit bei.

Feste Beschäftigungsverhältnisse sind ein wichtiger Aspekt des Arbeitnehmerschutzes. Befristete Arbeitsverträge entsprechen nur unter bestimmten Umständen den Bedürfnissen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer.

Die Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge aus objektiven Gründen hilft, Missbrauch zu vermeiden. Durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung soll die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessert werden. Die Vereinbarung soll einen Rahmen schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse verhindert.

Nach Auffasung des EuGH fällt die Umwandlung eines befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unter die Betrachtung der Missbrauchsvermeidung.

Würde die Umwandlung eines befristeten in einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit tief greifenden Änderungen der wesentlichen Bestimmungen des vorherigen Vertrags verbunden sein, die für den Vertragsbediensteten insgesamt zu einer Verschlechterung führen, während der Gegenstand seiner Tätigkeit und die Art seiner Aufgaben gleich bleiben, wäre nicht auszuschließen, dass der Bedienstete vom Abschluss des ihm angebotenen neuen Vertrags abgehalten wird und so nicht in den Genuss eines festen Beschäftigungsverhältnisses kommt – als wichtigen Aspekt des Arbeitnehmerschutzes.

Ein EU-Mitgliedstaat, der in seinen nationalen Rechtsvorschriften die Umwandlung befristeter Arbeitsverträge in einen unbefristeten Arbeitsvertrag vorsieht, nachdem die befristeten Arbeitsverträge eine bestimmte Dauer erreicht haben, ist nicht verpflichtet vorzuschreiben, dass die wesentlichen Bestimmungen des vorherigen Vertrags in den unbefristeten Arbeitsvertrag übernommen werden.

Um jedoch die mit der Richtlinie 1999/70 verfolgten Ziele nicht zu vereiteln und ihr nicht die praktische Wirksamkeit zu nehmen, hat dieser Mitgliedstaat darauf zu achten, dass die Umwandlung befristeter Arbeitsverträge in einen unbefristeten Arbeitsvertrag nicht mit tief greifenden Änderungen der Bestimmungen des vorherigen Vertrags einhergeht, die für den Betroffenen insgesamt zu einer Verschlechterung führen, wenn der Gegenstand seiner Tätigkeit und die Art seiner Aufgaben gleich bleiben.