Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 16.02.2011, 9 TaBV 93/10
Ein Dienstleistungsunternehmen der Passagier- und Gepäckkontrolle beabsichtigte, für ein Jahr befristet, die Neueinstellung von 4 Mitarbeitern in Teilzeit. Im Rahmen des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG wurde die Zustimmung des Betriebsrates beantragt. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung. Der Betriebsrat befürchtete, dass bereits beschäftigte Arbeitnehmer nicht mehr im bisherigen Umfang eingesetzt würden und sie Nachteile erlitten, weil ihnen durch die Neueinstellungen Stundenaufstockungen verwehrt würden. Auf Antrag der Arbeitgeberin wurde die Zustimmung des Betriebsrates ersetzt.
Die Arbeitgeberin informierte den Betriebsrat über die beabsichtigte Einstellung von 4 Flugsicherheitskontrolleuren. Die Zahl der in einer Schicht einzusetzenden Flugsicherheitskontrolleure war vorgegeben. Die zeitlich befristete Einstellung der Flugsicherheitskontrolleure sollte im Jahresdurchschnitt 120 Stunden monatlich betragen. Durch das schwankende Passagieraufkommen ergaben sich zwangsläufig längere Unterbrechungen der Arbeitszeit, die nicht durch normale Pausenzeiten abgedeckt werden konnten. Daher sollten Teilzeitarbeitskräfte mit geringerer Monatsstundenzahl zur Verfügung stehen.
Der Betriebsrat erklärte in seiner Stellungnahme, vorrangig sollte die Arbeitszeit der vorhandenen Mitarbeiter erhöht werden, da dies von den Mitarbeitern ausdrücklich gewünscht wurde. Viele Kollegen und Kolleginnen wünschten eine Erhöhung der vertraglich geregelten Arbeitszeit auf 173 Stunden im Monat.
Der Betriebsrat ergänzte:
Diese Neueinstellungen stehen diesen Wünschen entgegen und erscheinen im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eine Benachteiligung aller Arbeitnehmer. Es gibt keinen sachlichen arbeitsplatzbezogenen Grund, diese Aufstockungswünsche der Mitarbeiter/innen nicht zu berücksichtigen und stattdessen Neueinstellungen vorzunehmen.
Der Betriebsrat hält für die Neueinstellungen eine Arbeitszeit von 80 Stunden monatlich für ausreichend. Somit könnte dem Wunsch der vorhandenen Mitarbeiter nach einer längeren Monatsstundenzahl entsprochen werden.
Für die Verweigerung des Betriebsrates sieht das Landesarbeitsgericht keine gesetzliche Grundlage.
Die Vermutung, es könne ein Nachteil für die beschäftigten Mitarbeiter entstehen, genügt nicht. Wird die Zustimmung verweigert, muss die Verweigerung durch Tatsachen begründet werden, die den Verweigerungsgrund stützen. Auf die Richtigkeit der entsprechenden Behauptungen kommt es dabei nicht an, bloße Vermutungen genügen indessen nicht (vgl. BAG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 – 1 ABR 45/03).
Die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme kann nach § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG verweigert werden, wenn die Maßnahme gesetzeswidrig ist. Die Verweigerung kann nur dann wirksam sein, wenn die Einstellung damit komplett verhindert wird.
Das Landesarbeitsgericht führt aus:
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen ist kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist bei Einstellungen lediglich dann gegeben, wenn der Zweck der Verbotsnorm nur dadurch erreicht werden kann, dass die Einstellung insgesamt unterbleibt (vgl. BAG, Beschluss vom 17. Juni 2008 – 1 ABR 20/07 – und vom 21. Juli 2009 – 1 ABR 35/08 – ).
Ist mit der beabsichtigten Maßnahme für andere Arbeitnehmer nicht eine Veränderung oder Erschwerung der bestehenden Arbeitsbedingungen, sondern lediglich der Verlust einer Chance auf eine gerade als vorteilhaft empfundene Veränderung verbunden, stellt dies keinen Nachteil im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziff.3 BetrVG dar. Es besteht weder die begründete Besorgnis, dass bereits beschäftigte Arbeitnehmer aufgrund der Neueinstellung von Teilzeitkräften eine Änderungskündigung erhalten, noch dass sie einen sonstigen Nachteil erleiden.
Nach Abwägung aller Argumente sah das Landesarbeitsgericht keinen Grund für die Verweigerung der Zustimmung.