Verringerter Urlaubsanspruch durch geänderten Tarifvertrag
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.04.2012, AZR 504/10
Eine Sicherheitsmitarbeiterin im Wachdienst verlangte die Gewährung dreier zusätzlicher Urlaubstage, die ihr nach dem alten Tarifvertrag zugestanden hätten. Weitere Forderungen, die sich auf den älteren Tarifvertrag stützen: Zahlung von Urlaubsgeld, Entschädigung für 3 nicht gewährte Urlaubstage sowie 100% Zeitzuschlag für am Ostersonntag geleistete Arbeit.
Gegenüber dem alten Tarifvertrag aus dem Jahr 2003 gab es im Tarifvertrag aus dem Jahr 2007 einige Änderungen, die sich u. a. für den Urlaubsanspruch auswirken.
Der Grundurlaub wurde von 35 Kalendertagen auf 32 Kalendertage verringert. Zusätzliche Urlaubstage wurden mit einer längeren Betriebszugehörigkeit als bisher verbunden. Die Zahlung von Urlaubsgeld war nicht mehr Bestandteil des Tarifvertrages. Der Zuschlag für Arbeiten am Ostersonntag wurde von 100 % auf 25 % reduziert.
Der Tarifvertrag von 2007 enthält höhere Stundensätze sowie eine Ausschlussfrist für gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseits von 3 Monaten.
Nach Ansicht der Sicherheitsmitarbeiterin verweist ihr Arbeitsvertrag statisch auf den Manteltarifvertrag aus dem Jahr 2003. Daraus resultiere ihr Anspruch auf Urlaubsgeld, Vergütung für das Urlaubsgeld und Zuschlag für Feiertagsarbeiten aus dem Tarifvertrag von 2003. Die Verweisungsklauseln im Arbeitsvertrag seien unklar und intransparent, woraus eine unangemessene Benachteiligung entstehe.
Die Sicherheitsmitarbeiterin erhielt 36 Kalendertage Urlaub im Jahr 2008.
In einem Schreiben vom 02.03.2009 verlangte die Sicherheitsmitarbeiterin die Gewährung von drei weiteren Urlaubstagen für Ende März 2009. Die Anzahl der zu gewährenden Urlaubstage sowie das zu gewährende Urlaubsgeld seien mit konkreten Zahlen im Arbeitsvertrag niedergeschrieben.
Die Arbeitgeberin argumentiert hingegen, Angaben im Arbeitsvertrag seien deklaratorischer Natur. Sie würden nur den Status Quo zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses darstellen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage der Sicherheitsmitarbeiterin abgewiesen, aber die Revision zugelassen. Das Hessische Landesarbeitsgericht wies die Berufung zurück.
Das BAG wies die Revision ebenfalls zurück.
Die Entschädigung für nicht gewährte Urlaubstage wird nur dann fällig, falls Anspruch auf nicht gewährten Urlaub nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht.
Das BAG argumentiert:
Die Parteien haben arbeitsvertraglich die Geltung der jeweils gültigen Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Land Hessen vereinbart. Der Zuschlag für die am Ostersonntag 2009 geleistete Arbeit richtete sich deshalb nach § 7 Nr. 4 MTV 2007.
Die Auslegung der Verweisungsklausel des § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags ergibt, dass es sich um eine zeitdynamische Bezugnahme handelt.
Für eine statische Verweisklausel wäre notwendig, einen Tarifvertrag nach Datum und Inhalt konkret zu bezeichnen.
Der Hinweis auf die Tarifbindung des Arbeitsvertrages ist eine Information, dass unabhängig von der Tarifbindung des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis allgemein nach dem erwähnten Tarifvertrag geregelt wird. Änderungen des Tarifvertrages sind damit ausdrücklich eingeschlossen. So wird vermieden, mit jedem geänderten Tarifvertrag eine Änderung sämtlicher Arbeitsverträge vornehmen zu müssen.
Im § 7 des Arbeitsvertrages ist die dynamische Bezugnahme besonders klar hervorgehoben. Dort heißt es:
Auf übertarifliche Verdienstbestandteile sind tariflich festgelegte Entgelterhöhungen – unabhängig von deren Grund und Art – ganz oder teilweise anrechenbar, sofern tarifvertraglich keine andere Vereinbarung besteht.
Das BAG ist der Ansicht, dass mit dieser Formulierung allgemein verständlich ein Bezug auf den jeweils aktuellen Tarifvertrag dargelegt wird. Diese Formulierung ist nur sinnvoll anzuwenden, wenn spätere Tarifänderungen berücksichtigt werden.