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Arbeitnehmer benötigen ein gutes Arbeitszeugnis

Arbeitnehmer können ein gutes Arbeitszeugnis verlangen

Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 26.10.2012, 28 Ca 18230/11

Einer Arbeitnehmerin wurde das Arbeitszeugnis mit der Note „befriedigend“ ausgestellt. Nach ihrem Einspruch kommt das LAG Berlin zu dem Schluss, dass ein Zeugnis mindestens mit der Note „gut“ bewertet sein muss. Ein abweichendes „befriedigend“ muss von der Arbeitgeberin begründet werden.

 

Das LAG Berlin stellte fest, mehr als 86 % aller Arbeitszeugnisse enthalten die Bewertung gut oder sehr gut. Damit liegt die Darstellungspflicht bei der Arbeitgeberin, falls sie ein Zeugnis erteilt, das unter diesem sehr breiten Durchschnitt liegt.

Arbeitszeugnisse geben in codierter Form Auskunft über die Bewertung eines Mitarbeiters. Formulierungen wie „gut“ oder befriedigend kommen darin nicht vor. In einem seit vielen Jahren genutzten, subtilen Code drücken Vertreter der Arbeitgeberin ihre Einschätzung der ausscheidenden Mitarbeiter aus.

Die Formulierung, „führte Arbeiten stets zu unserer Zufriedenheit durch“, ist mit einer Note „befriedigend“ gleichzusetzen. Hingegen ist die Formulierung, „führte Arbeiten stets zu unserer vollen Zufriedenheit durch“, mit einer Bewertung der Note „gut“ gleichzusetzen.

„Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ ist demnach ein „Sehr gut“.

Wichtig für eine gute Bewertung sind die Formulierungen, dass der Arbeitnehmer „stets“, „immer“ oder „durchgehend“ zur vollen Zufriedenheit der Arbeitgeberin gearbeitet hat.

Das Landesarbeitsgericht Berlin hatte zu entscheiden, ob die Arbeitgeberin im konkreten Fall das „stets“ weglassen kann. Die Arbeitgeberin übermittelte dem Gericht Gründe für das befriedigende Arbeitszeugnis. Das Arbeitsgericht erkannte die Gründe jedoch nicht an, da keine Tatsachen zum Beweis vorgelegt wurden. Als Tatsachen gelten konkrete nach Zeit und Raum bestimmte Ereignisse oder Zustände.

Das LAG Berlin verkündete:

Die Beklagte hat der Klägerin der Sache nach “gute” Leistungen und damit das umstrittene “stets” zu bescheinigen. Für eine schlechtere Beurteilung hat die Beklagte, die hierfür die Darlegungs- und Beweislast trifft, die tatsächlichen Grundlagen nicht brauchbar aufgezeigt.

Nach einer Studie der Universität Erlangen aus dem Jahr 2011 wurden mehr als 86 % aller Arbeitszeugnisse mit der Bewertung gut oder sehr gut ausgestellt. Somit ist die Bewertung „befriedigend“ nicht als durchschnittliche Bewertung anzusehen, da so bewertete Arbeitnehmer in eine schlechte Kategorie einsortiert werden. Deshalb sieht das LAG Berlin in allen Fällen, die eine Bewertung abweichend von „sehr gut“ und „gut“ darstellen, die Beweislage bei der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin muss stichhaltig begründen, warum der Arbeitnehmer keine guten Leistungen erbracht hat.

Es bleibt zu berücksichtigen, dass ein Arbeitszeugnis wegen der in der Summe überwiegend guten und sehr guten Beurteilungen nicht mehr zur Bewertung der Leistungsfähigkeit einer Person taugt.

Das Arbeitszeugnis gilt eher als Hinderungsgrund zur Aufnahme einer neuen Tätigkeit, falls die Bewertung nicht mindestens ein „gut“ ergibt.