Kosten für Klausurtagung des Betriebsrats bezahlt Arbeitgeberin
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19.05.2011, 9 TaBV 196/10
Die Arbeitgeberin musste die Kosten einer auswärtigen Klausurtagung des Betriebsrats übernehmen, obwohl sie nicht gewillt war, eine auswärtige Tagung des Betriebsrats zu unterstützen.
Die Arbeitgeberin wies den Antrag des Betriebsrats zurück, eine Klausurtagung zur Selbstfindung außerhalb des Firmengeländes durchzuführen. Eine dreitägige Tagung sei überdimensioniert. Die Kosten der Trainerin würden von der Arbeitgeberin getragen, jedoch nicht die auswärtigen Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Es sei nicht klar, warum eine Klausurtagung zum Thema Selbstfindungsprozess als notwendige Betriebsratsschulung anzusehen sei.
Der Betriebsrat hielt es für erforderlich, die Klausurtagung zur Selbstfindung außerhalb des Firmengeländes durchzuführen, da von der Arbeitgeberin keine geeigneten Räume zur Verfügung gestellt wurden. Der Tagungsraum des Betriebsrats innerhalb des Betriebsgeländes sei einsehbar und nicht schalldicht. Der Selbstfindungsprozess sei notwendig, damit der Betriebsrat wieder einen Vorsitzenden bekommen könnte. Bisher war kein Betriebsratsmitglied bereit, das freie Amt des Betriebsratsvorsitzenden zu übernehmen. Eine emotionale Diskussion über Personen, die als Vorsitzender des Betriebsrats geeignet seien, könne in diesen betrieblichen Räumen nicht frei geführt werden.
Die Kosten für Unterkunft und Tagungspauschale bewegten sich eher am unteren Rand von Tagungskosten und seien deshalb nicht zu beanstanden. Hotelkosten für Betriebsratsversammlungen wurden bereits in den Vorjahren von der Arbeitgeberin getragen.
Der bisherige Betriebsratsvorsitzende war nicht mehr zur Ausübung dieses Amtes bereit. Sämtliche Betriebsratsmitglieder waren im Verlauf mehrmonatiger Gespräche nicht bereit, den Vorsitz des Betriebsrates zu übernehmen.
Das LAG beurteilte diese Situation als Grenzsituation, die eine Handlungsunfähigkeit des Betriebsrats nach sich ziehe. In dieser Ausnahmesituation war es notwendig, solange Sitzungen abzuhalten, bis sich ein Betriebsratsmitglied zur Übernahme des Vorsitzes bereit erklärt.
Der Betriebsrat überschritt in dieser Situation nicht seinen Beurteilungsrahmen, indem er das Mittel der Klausurtagung wählte.
Das LAG argumentiert:
Der Charakter einer Klausurtagung verträgt sich nicht mit der Durchführung in den Betriebsräumen, die naturgemäß von dem in der Umgebung herrschenden Arbeitsklima, Kollegenkontakten und nicht auszuschließenden Störungen nicht unberührt bleiben. Eine positive Wirkung von Klausurtagungen besteht darin, dass alle störenden Einflüsse ausgeschaltet sind und sich die Teilnehmer voll konzentrieren können. Sie bietet daher die beste Gelegenheit, einige Grundsatzentscheidungen zu treffen und die Tätigkeit des Gremiums langfristig auszurichten.
Aufgrund dieser Argumentation entschied das Hessische LAG, dass es weder notwendig noch sinnvoll war, die Klausurtagung innerhalb des Betriebsgeländes durchzuführen und bestätigte die richtige Entscheidung des Betriebsrates zur Durchführung der Klausurtagung außerhalb des Betriebs.