BLOG RECHTSPRECHUNG

Urlaubsabgeltung bei nicht gewährtem Urlaub

Nicht gewährter Urlaub wandelt sich in Schadensersatz

Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 06. August 2013, Aktenzeichen 9 AZR 956/11

Gewährt die Arbeitgeberin rechtzeitig verlangten Urlaub nicht, so muss der Urlaub als finanzielle Sachleistung abgegolten werden.

Ein Mitarbeiter im Einkauf war vom 1. Mai bis zum 31. Januar des folgenden Jahres bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Sein jährlicher Urlaubsanspruch betrug laut Arbeitsvertrag 28 Tage. Der Mitarbeiter erhielt im laufenden Jahr 3 Tage Urlaub. Er war für einen Zeitraum von rund zwei Monaten ab Mitte Oktober arbeitsunfähig erkrankt. Nach gut einem Monat Erkrankung sprach die Arbeitgeberin eine Kündigung gegenüber dem Mitarbeiter zum 15. Dezember aus.

Der Mitarbeiter reichte nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage ein. Darin machte er unter anderem seinen Urlaubsanspruch von 21,1 Arbeitstagen geltend. Am 22. Dezember kündigte der Mitarbeiter zum 31.Januar.

In der ersten Instanz verurteilte das Arbeitsgericht die Arbeitgeberin zur finanziellen Abgeltung von 18 Urlaubstagen. Das Landesarbeitsgericht urteilte in zweiter Instanz, der Mitarbeiter habe lediglich Anspruch auf Abgeltung von 15,3 Arbeitstagen.

In der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verlangte der Mitarbeiter die vom Arbeitsgericht zugestandene Urlaubsabgeltung für 18 Tage. Das BAG verurteilte die Arbeitgeberin zur Zahlung des Gesamtbetrages für 18 Urlaubstage.

Nach geltender Rechtsprechung ist Arbeitsurlaub abzugelten, wenn wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Möglichkeit bestand, den Urlaub in Anspruch zu nehmen.

Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um (vgl. BAG 17. Mai 2011 – 9 AZR 197/10 – Rn. 11, BAGE 138, 58).

Nach Beendigung der Probezeit erwarb der Mitarbeiter einen gesetzlichen Anspruch auf 20 Urlaubstage. Die Probezeit ist in den Berechnungszeitraum für den Urlaubsanspruch einzubeziehen.

12 Urlaubstage hätte die Arbeitgeberin auf den Antrag des Mitarbeiters bereits im Anschluss an die Krankheit bis zum Jahresende gewähren können. Die übrigen 5 Arbeitstage waren in das Folgejahr zu übertragen, da sie wegen der Krankheit des Mitarbeiters im laufenden Jahr nicht mehr in Anspruch genommen werden konnten.

Im Folgejahr erwarb der Mitarbeiter für den Monat Januar, bis zum Ende seiner Tätigkeit, aufgerundet einen anteiligen Urlaubsanspruch von 2 Tagen. Nach Berechnung des BAG ergab sich somit insgesamt ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung von 19 Tagen.

Da das Urteil des Landesarbeitsgerichtes bereits rechtskräftig war und der Mitarbeiter keinen über das Urteil hinausgehenden Anspruch erhob, war nur eine Urlaubsabgeltung für 18 Tage durchsetzbar.

Das laufende Kündigungsschutzverfahren durfte für die Arbeitgeberin nicht als Hinderungsgrund für die Urlaubsgewährung gelten. Im direkten Anschluss an die arbeitsunfähige Krankschreibung hätte die Arbeitgeberin den im Kündigungsschreiben verlangten bezahlten Urlaub zumindest teilweise gewähren können und müssen. Durch die Nichtgewährung des Urlaubs ergab sich der Anspruch auf finanzielle Abgeltung des Urlaubsanspruchs. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schuldet die Arbeitgeberin Schadenersatz in Form einer Geldzahlung (vgl. BAG 20. April 2012 – 9 AZR 504/10 – Rn. 12).