Werkvertrag ungültig, Arbeitsverhältnis begründet
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25.09.2013, Aktenzeichen 10 AZR 282/12
Erfolgt die Erbringung von Leistungen im Rahmen eines Werkvertrages, muss es sich um ein abgeschlossenes, abnahmefähiges Werk handeln, das vom Auftragnehmer eigenständig erbracht wurde. Müssen hingegen die Arbeitsaufgaben durch weitere Weisungen präzisiert und die Arbeit somit erst im Laufe der Bearbeitung durch den Auftraggeber organisiert werden, liegt kein Werkvertrag vor, sondern ein gewöhnliches Arbeitsverhältnis.
Eine wissenschaftliche Hilfskraft war mit den Tätigkeiten eines Inventarisators betraut worden. Er war zunächst beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) mehrfach, mit Unterbrechungen, befristet beschäftigt. Später, in den Jahren 2005 bis 2009, wurde die Erbringung von Arbeitsleistung für das BLfD anhand von insgesamt 10 Verträgen vereinbart, die nacheinander, mit nur kurzen Unterbrechungen abgearbeitet wurden. Diese Verträge wurden als Werkvertrag bezeichnet.
Die wissenschaftliche Hilfskraft reichte Ende 2009 beim Arbeitsgericht Klage ein. Das Arbeitsgericht sollte feststellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der abgeschlossenen Befristung Ende November 2009 beendet wurde.
Für den Fall dieser Feststellung beantragte er, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterbeschäftigt zu werden.
Arbeitsgericht München (Urteil v. 12.05.2010 – Aktenzeichen 35 Ca 14694/09) und Landesarbeitsgericht München (Urteil v. 23. November 2011 – Aktenzeichen 5 Sa 575/10) hatten dem Antrag stattgegeben. Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verfolgte das BLfD im Rahmen der Revision weiterhin die Abweisung der Klage.
In den Verträgen zur Auftragsausführung wurde vereinbart, dass ausschließlich die Bestimmungen des BGB über den Werkvertrag (§§ 631 – 650) gelten sollen.
Ein Werkvertrag werde laut BAG zum Dienstvertrag vor allem dadurch abgegrenzt, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis oder ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung erbracht wird.
Zu betrachten sei auch eine persönliche Abhängigkeit des Auftragnehmers. Arbeitnehmer ist, wer für die Ausführung seiner Tätigkeiten anhand weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit persönlich abhängig ist.
Ein Arbeitsverhältnis erhalte keinen anderen Charakter, indem es in einer Vereinbarung als Werkvertrag bezeichnet werde. Die Einbeziehung einer Erfolgsgarantie mache einen Arbeitnehmer nicht zum Werkunternehmer.
Tritt ein Widerspruch zwischen Vereinbarung und tatsächlicher Ausführung auf, gelte immer die tatsächliche Ausführung.
Die zu erbringende Tätigkeiten erforderten zwingend den persönlichen Einsatz der wissenschaftlichen Hilfskraft in den Diensträumen der Auftraggeberin. Dort erledigte er seine Arbeit an einem zur Verfügung gestellten Computer.
In der Auftragsvereinbarung wurde konkret festgelegt wie und mit welchen Hilfsmitteln die Arbeiten zu erledigen sind. Eine freie Entscheidung darüber war nicht möglich.
Der Kläger konnte seine Arbeit nur in Dienstgebäude des BLfD ausführen, da die Arbeit an Computer gebunden war, die mit einem Zugang zum Datensystem ausgerüstet sind.
Für die Erbringung der Arbeiten war der Kläger weitgehend an die Arbeitszeiten und den Arbeitsablauf der jeweiligen Dienststelle gebunden. Die notwendigen Tätigkeiten konnten nicht nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisiert werden. Der Kläger konnte den ihm zugewiesenen Arbeitsplatz nur zu den Öffnungszeiten der jeweiligen Dienststelle benutzen, da er keinen Schlüssel für die Arbeitsräume erhielt.
Der zu erbringende Arbeitsumfang wurde anhand eines täglichen Arbeitsvolumens berechnet, das sich auf eine Vollzeitbeschäftigung stützte. Der Auftragnehmer war deshalb nicht in der Lage, seine Arbeitsleistung in nennenswertem Umfang anderen Auftraggebern anzubieten. Das BAG sah es auch nicht als maßgeblich, dass der Auftragnehmer keine Vorgaben zur Arbeitszeit bekommen hatte und sich somit nach Argumentation der Auftraggeberin hätte die Arbeitszeit frei einteilen können.
Der Auftragnehmer erhielt tätigkeitsbezogene Weisungen. Richtlinien im Projekthandbuch und Formulierungsvorgaben für die zu erstellenden Listen seien typisch für Vorgaben in einem Arbeitsverhältnis.
Der Kläger wurde mehrfach zu Leistungen heranberufen, die nicht im vertraglichen Umfang definiert waren. Auch das zeuge nach Ansicht des BAG von einer abhängigen Beschäftigung, wo die Arbeitgeberin den Inhalt der Arbeitsleistung bestimmt. Die Tätigkeiten waren im Vertrag nur pauschal beschrieben. Die Abstimmung mit Fachreferenten war deshalb notwendig und wurde von der Auftraggeberin geduldet.
Für den Vertrag waren die persönliche Qualifizierung und Kenntnisse des Auftragnehmers maßgeblich. Es war bekannt, dass der Kläger keine Mitarbeiter beschäftigte, er durfte auch nicht die Hilfe anderer Personen zur Erfüllung der Vertragsaufgaben einsetzen.
Das BAG bestätigte die Rechtsauffassung von Arbeitsgericht und LAG. Das Vertragsverhältnis zwischen BLfD und Auftragnehmer sei kein Werksvertrag. Es läge ein Arbeitsverhältnis vor. Der Auftragnehmer erhielt nicht ausreichende Befugnisse, um den Auftrag in Form eines Werkvertrags ausführen zu können. Seine Arbeitszeit war an die Öffnungszeiten der BLfD-Dienststellen gebunden, er erhielt tätigkeitsbezogene Weisungen und wurde zu Leistungen herangezogen, die über den vertraglich definierten Umfang hinaus gingen.
Das BAG urteilt: Das Arbeitsverhältnis hat über das Ende des letzten befristeten Vertrages (Ende November 2009) hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bestanden.