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Befristeter Arbeitsvertrag gilt dauerhaft wegen Vorbeschäftigung

Unbefristetes Vorbeschäftigungsverbot für befristete Arbeitsverhältnisse

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014, Aktenzeichen 7 Sa 64/13

Entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) besteht nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg ein unbefristetes Vorbeschäftigungsverbot für befristete Arbeitsverhältnisse. Das Vorbeschäftigungsverbot nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG (Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge) bestehe zeitlich unbeschränkt. Das Vorbeschäftigungsverbot sei verfassungsgemäß.

Ein Verwaltungsangestellter wurde von einer Universität im Dienst eines deutschen Bundeslandes für einen Zeitraum von 2 Jahren befristet eingestellt. Direkt vor der befristeten Einstellung war der Verwaltungsangestellte 5 Jahre unbefristet beschäftigt. Davor war er innerhalb mehrerer projektbezogener Befristungen für das gleiche Bundesland tätig.

Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart klagte der Verwaltungsangestellte gegen die Wirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertrages und machte seinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend. Das AG Stuttgart wies die Klage ab (Urteil vom 18.September 2013, Aktenzeichen 11 Ca 3647/13).

Vor dem LAG Baden-Württemberg verfolgte der Verwaltungsangestellte seine Klage auf Weiterbeschäftigung weiter. Er nahm jedoch seinen allgemeinen Feststellungsantrag vollständig und die Berufung bezüglich der Weiterbeschäftigung teilweise zurück.

Die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages sei rechtsunwirksam, urteilte das LAG. Die Befristung stehe im Widerspruch zu § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Der Verwaltungsangestellte sei bereits dreimal befristet vom Bundesland beschäftigt worden.

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zulässig. Nach dem sogenannten Anschlussverbot ist die Befristung unzulässig, falls mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand. Das Anschlussverbot sei zeitlich unbefristet, sodass es keine Rolle spielt, zu welchem Zeitpunkt ein früheres Arbeitsverhältnis mit dem gleichen Arbeitgeber bestanden habe.

Das LAG ging in seiner Begründung auf die Bedeutung der Formulierung „bereits zuvor“ im TzBfG ein. Es gebe weder eine zeitliche noch inhaltliche Komponente für eine abweichende Auslegung der Formulierung. Jedes frühere Arbeitsverhältnis stehe der Befristung entgegen, unabhängig davon ob es vor wenigen Tagen oder mehreren Jahren beendet wurde.

Urteile, die abweichend vom Wortlaut gesprochen wurden, seien gekünstelt. Sie würden sich mehr dem beabsichtigten Ergebnis der Entscheidung beugen. Speziell griff das LAG Baden-Württemberg die in der Entscheidung des BAG vom 06.04.2011 (Aktenzeichen 7 AZR 716/09) angenommene Mehrdeutigkeit der Formulierung an.

Dort hatte das BAG die zeitliche Uneingeschränktheit mit dem §195 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) interpretiert, wonach eine allgemeine Verjährungsfrist von 3 Jahren für den Abstand zu einer Vorbeschäftigung anzusehen sei. Es würde eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitssuchenden darstellen, wenn Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen seien, die bereits eine lange Zeit zurückliegen.

Das LAG Baden-Württemberg argumentierte, die verfassungsorientierte Auslegung von Gesetzen durch den siebenten Senat des BAG würde eine Gesetzeszensur bewirken, indem rechtmäßige Gesetze als unzweckmäßig abqualifiziert würden. Der Rechtsprechung sei es jedoch verboten, sich zum Ersatzgesetzgeber aufzuschwingen.

Der Gesetzgeber sei sich bei der Formulierung des Gesetzestextes deutlich im Klaren darüber gewesen, ob ein unmittelbarer Anschluss Voraussetzung sei. Befristungen im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium seien ausdrücklich formuliert. Deshalb könne es keinen Zweifel geben, dass die Formulierung „bereits zuvor“ auf einen unbegrenzten Zeitraum abziele.

Der Wille des Gesetzgebers sei auch darin ersichtlich, dass eine erleichterte sachgrundlose Befristung nur bei Neueinstellungen vorgesehen sei.

Das zeitlich uneingeschränkte Anschlussverbot aus § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, verstoße nicht gegen die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes. Siehe Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. September 2004, Aktenzeichen 1 BvR 930/04.

Da die sachgrundlose Befristung unwirksam sei, habe der Verwaltungsangestellte Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits.

Die Berufung gegen das Urteil wurde zugelassen.