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Rechtsmissbrauch führt nicht zur Unwirksamkeit des befristeten Arbeitsverhältnisses

Mehrfache Befristung des Arbeitsverhältnisses kann rechtsmissbräuchlich sein

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2014, Aktenzeichen 7 AZR 243/12

 Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund ist bis zu einer Zeitdauer von zwei Jahren zulässig. Innerhalb dieses Zeitraums sind maximal drei Verlängerungen des Arbeitsverhältnisses erlaubt. Wird bei einem verbundenen Arbeitgeber die Befristung fortgesetzt, kann sie rechtsmissbräuchlich sein.

 Ein Jurist war vom 05. Mai 2008 bis zum 4. Mai 2010 ununterbrochen in einem Jobcenter der Agentur für Arbeit, das als Arbeitsgemeinschaft mit städtischer Beteiligung betrieben wurde, beschäftigt. Zunächst bis zum Jahresende 2008. Drei Änderungsvereinbarungen sorgten dafür, dass der Jurist ohne Unterbrechung im obigen Zeitraum in Vollzeit angestellt blieb. Mit weiteren befristeten Arbeitsverträgen wurde der Jurist zwei weitere Jahre nathlos bei gleichbleibender Beschäftigung direkt bei der beteiligten Stadt angestellt.
 
Noch im Mai 2010 legte der Jurist beim zuständigen Arbeitsgericht Klage wegen Rechtsmissbrauches ein. Folgende Feststellungen sollten erreicht werden:

Sein Arbeitsverhältnis sei nicht zum 04. Mai 2010 beendet, sondern bestehe unbestimmte Zeit fort.
Das Arbeitsverhältnis sei nicht durch andere Umstände beendet wurde, sondern bestehe über den 4. Mai 2010 hinaus fort.
Er sei zu unveränderten Bedingungen bei der Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit weiter zu beschäftigen.

Die Agentur für Arbeit beantragte die Klageabweisung, da kein Rechtsmissbrauch vorliege. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht wies die Berufung zurück.

Vor dem Bundesarbeitsgericht verfolgte der Jurist seine Anträge weiter. Die letzte Befristung vor dem 04.Mai habe lediglich 4 Monate und 4 Tage betragen. Diese Befristung verstoße gegen § 33 Abs. 3 Satz 1 des Tarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA). Darin sei geregelt, dass ein befristeter Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund eine Dauer von 12 Monaten nicht unterschreiten sollte. Die Vertragsdauer müsse mindestens 6 Monate betragen.

Nach Ansicht des Juristen gelten die Regelungen des TV-BA auch für Vertragsverlängerungen. Die Agentur für Arbeit erklärte hingegen weiterhin, es läge kein Rechtsmissbrauch vor. Die Beschäftigung des Juristen entspreche dem Tarifvertrag.

Das BAG beschied der Revision keinen Erfolg. Der Befristungskontrollantrag sei unbegründet.

Die Befristung erfülle die Voraussetzungen einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG (Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge). Ein möglicher Rechtsmissbrauch führe nicht zur Unwirksamkeit dieser Befristung. Die Befristung entspreche den in § 14 Abs. 2 TzBfG geregelten Voraussetzungen und bedürfe deshalb nach dieser Bestimmung keines Sachgrundes.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TzBfG ist – soweit nicht mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat – die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.

Ein Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) würde nicht gegen die Wirksamkeit der Befristung stehen.

Ein Rechtsmissbrauch liege etwa vor, wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Arbeitgeber bewusst und gewollt mit einem Arbeitnehmer mehrere befristete Arbeitsverträge abschließen, um über den in  § 14 Abs. 2 TzBfG benannten Zeitraum hinaus den Arbeitnehmer bewusst weiterhin befristet anzustellen. Dieser Rechtsmissbrauch könne jedoch nur dem letzten Arbeitgeber vorgehalten werden, nicht dem vorherigen Arbeitgeber. Die Folgen des Rechtsmissbrauches könnten nur der Stadt als letztem Arbeitgeber angelastet werden.

Die Befristung verstoße auch nicht gegen die Mindestvertragsdauer von 6 Monaten, wie sie § 33 Abs. 3 Satz 1 TV-BA geregelt ist. Die Mindestdauer würde nur für die erste Befristung in der Befristungskette gelten.