Abholen von Dienstkleidung ist vergütungspflichtig
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2014, Aktenzeichen 5 AZR 954/12
Sind Mitarbeiter verpflichtet Dienstkleidung zu tragen, dann müssen Aufwendungen für die Dienstkleidung ersetzt werden. Das gilt auch, wenn die Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit von einem anderen Ort als die Dienststelle abzuholen ist.
Ein Straßenbahnfahrer war dienstlich verpflichtet, eine Arbeitsuniform zu tragen. Die Uniform konnte etwa jährlich erneuert werden. Die Mitarbeiter konnten ihre Uniform in einer Ausgabestelle umtauschen, mussten dafür jedoch ihre private Zeit nutzen. Eine frühere Absprache zwischen Arbeitgeberin und Personalrat zur Gutschrift der aufgewendeten Zeit war zum streitigen Zeitpunkt nicht mehr gültig.
Der Straßenbahnfahrer machte bei der Arbeitgeberin vergeblich die Gutschrift seiner für die Abholung der Dienstkleidung aufgewendeten Zeit auf sein Arbeitszeitkonto geltend.
Vom Arbeitsgericht wurde seine Klage als unbegründet abgewiesen. Die Berufung wurde vom Landesarbeitsgericht (LAG) zurückgewiesen. Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verfolgt der Straßenbahnfahrer seine Klage weiter. Dort beantragte er hilfsweise die Zahlung der Aufwendungen.
Der Antrag zur Gutschrift auf das Arbeitszeitkonto wurde vom BAG wegen unzureichender Konkretisierung abgelehnt, und statt dessen die Zahlung der Aufwendungen für die Abholung der Dienstkleidung betrachtet.
Das BAG hielt die Klage des Straßenbahnfahrers für begründet. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die Zeit für die Abholung der Dienstkleidung zu vergüten. Die Vergütung umfasse neben der reinen Wegzeit auch die Zeit für Auswahl, Entgegennahme und Anprobe der Dienstkleidung, einschließlich eventueller Wartezeiten.
Die Abholung der Dienstkleidung sei eine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung. Die Arbeitgeberin verlange die Abholung der Dienstkleidung und müsse sie deshalb auch vergüten. Die Abholung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit und diene ausschließlich den Interessen der Arbeitgeberin. Straßenbahnfahrer seien verpflichtet, die Dienstkleidung zu tragen. Sie würden ohne Dienstkleidung nicht zum Dienst zugelassen. Die uniformpflichtigen Mitarbeiter seien von der Arbeitgeberin angewiesen, die Dienstkleidung abzuholen und hätten damit eine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Abholung.
Die für die Abholung aufgewendete Zeit sei zusätzlich zum Monatslohn mit tariflichem Stundenlohn zu entgelten.
Ob die Höhe des geltend gemachten Anspruchs gerechtfertigt sei, konnte das BAG nicht beurteilen. Deshalb wurde das Verfahren an das LAG zurückverwiesen.
Für die Fortführung des Verfahrens wurden dem LAG Richtlinien auf den Weg gegeben.
Die Aufenthaltszeit in der Ausgabestelle sei nur soweit zu vergüten, wie es für die Auswahl, Anprobe und Entgegennahme der Kleidung, einschließlich notwendiger Wartezeiten notwendig war.
Für die Berechnung des Weges sei immer nur die für die Arbeitgeberin günstigste Variante zu wählen. Vergütungspflichtig seien nur die Zeiten, die der Arbeitnehmer unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötige.
Es läge an der Arbeitgeberin, als Betreiberin von Bussen und Straßenbahnen, die angegebenen Wegezeiten zu prüfen. Sie könne in ihrer Position die Angaben nicht mit Nichtwissen bestreiten. Ihre dargelegten Zweifel an der Route zur Ausgabestelle müsste sie mit konkreten Angaben untermauern, die darlegen, wie ein erheblich kürzerer Weg möglich gewesen wäre.
Zu betrachten sei auch, inwiefern der Weg zur Ausgabestelle verbunden mit dem Weg zur Arbeitsstelle deutlich kürzer gewesen wäre, als der angegebene Weg von der Wohnung des Straßenbahnfahrers.