Anrechnung von Arbeitslosengeld auf Karenzentschädigung
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil 30.01.2014, Aktenzeichen 13 Sa 744/13
Wird im Rahmen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbot eine Entschädigung für die Karenzzeit vereinbart, so ist das Arbeitslosengeld nicht auf diese Entschädigung anzurechnen.
Eine Verkaufsmanagerin schied durch eigene Kündigung aus dem Luftfahrtunternehmen der Arbeitgeberin aus und erhielt anschließend Arbeitslosengeld.
Der Arbeitsvertrag enthielt eine Wettbewerbsklausel, in der für die Dauer des Wettbewerbsverbotes die Zahlung einer Entschädigung in Höhe eines Brutto-Jahresgehaltes, einschließlich variabler Vergütungen der letzten beiden Jahre, vereinbart wurde. Mitarbeiter müssten sich jedoch andere Bezüge nach § 74c HGB (Handelsgesetzbuch) anrechnen lassen.
Das Wettbewerbsverbot sah vor, dass Mitarbeiter innerhalb eines Jahres nach Beschäftigungsende nicht für ein anderes Luftfahrtunternehmen tätig werden.
Die Verkaufsmanagerin machte gegenüber der Arbeitgeberin zum Ende ihrer Beschäftigung den durchschnittlichen Brutto-Betrag der letzten 12 Monatsgehälter als Karenzentschädigung geltend. 4 Monate später reichte sie Klage beim Arbeitsgericht ein. Das Arbeitsgericht gab der Klage in vollem Umfang statt.
Mit der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) verfolgte die Arbeitgeberin die Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Karenzentschädigung. Die Zahlung der Karenzentschädigung war nicht mehr streitig.
Mit der Anwendung von § 74c HGB sei das Arbeitslosengeld in vollem Umfang anzurechnen argumentierte die Arbeitgeberin. Die Anrechnung ergebe sich zudem bereits aus der Formulierung im Arbeitsvertrag. Dort wurden Bezüge und Einkünfte als anrechenbar differenziert aufgeführt. Der Begriff Bezüge erfasse auch das Arbeitslosengeld.
Die Verkaufsmanagerin müsse sich nicht das bezogene Arbeitslosengeld anrechnen lassen, erklärte das LAG. Die Parteien hätten das nicht vereinbart. Es sei zwar richtig, wenn man unter dem Begriff Bezüge auch das Arbeitslosengeld verstehe. Eine Anrechnung erfolge aber nur nach § 74c HGB.
Nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB müsse angerechnet werden was während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung der Arbeitskraft erworben wird oder zu erwerben böswillig unterlassen wird, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde.
Der Bezug von Arbeitslosengeld nach § 117 ff. SGB III (Sozialgesetzbuch 3) beruhe nicht auf der Verwertung der Arbeitskraft. Arbeitslosengeld sei Lohnersatz, der von der Solidargemeinschaft der Versicherten und der Wirtschaft als Sozialleistung aufgebracht würde. Diese Sozialleistung sei nicht Gegenwert tatsächlich erbrachter Leistungen.
Durch eine Ergänzung des § 128 a des AFG (Arbeitsförderungsgesetz) im Jahr 1985 wurde eine Regelung geschaffen, mit der das Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung voll anzurechnen war. Diese Regelung war jedoch verfassungswidrig. Im Jahr 1998 wurde die Regelung so geändert, dass die Arbeitgeberin nach § 148 SGB III nur noch 30% des Arbeitslosengeldes an die Bundesanstalt für Arbeit zu erstatten hatte und diesen Betrag vom Arbeitnehmer einfordern konnte.
Wegen der geringen Zahl der tatsächlichen Erstattungsfälle und dem gegenüber unverhältnismäßig hohen Bearbeitungsaufwand wurde § 148 SGB III zum 1. Januar 2004 ersatzlos aufgehoben.
Das LAG Köln sieht nun keine gesetzliche Grundlage mehr für die Anrechnung des Arbeitslosengeldes. Es läge am Gesetzgeber, das Verhältnis von Arbeitslosengeld und Karenzentschädigung erneut zu regeln und eventuelle Obergrenzen festzulegen.
Die Revision gegen das Urteil beim Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.