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Teilzeitarbeit wird nicht als unbezahlter Sonderurlaub gewährt

Arbeitszeitverringerung zum Jahresende ist keine Teilzeitarbeit

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.06.2013, Aktenzeichen 9 AZR 786/11

Wird ein Antrag auf Teilzeitarbeit lediglich dafür genutzt, in einem Block freigestellt zu werden und damit eine Form von Sonderurlaub zu erhalten, so ist dieses Ansinnen nicht im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes und damit rechtsmissbräuchlich.

Ein Flugkapitän beantragte unter Berufung auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bei seiner Arbeitgeberin eine leichte Verkürzung seiner Arbeitszeit. Die Verringerung der Arbeitszeit sollte in einem Block von 12 Arbeitstagen jeweils zum Jahreswechsel vom 22. Dezember bis zum 2. Januar des Folgejahres gewährt werden.

Die Arbeitgeberin, eine Luftfahrtgesellschaft, lehnte den Antrag ab. Der Flugkapitän beantragte beim Arbeitsgericht, die Arbeitgeberin zu verurteilen, ihm die Reduzierung seiner Vollarbeitszeit um 3,29% zu gewähren. Die Arbeitszeitverringerung sei ihm jährlich entsprechend seines Teilzeitantrages blockweise für 12 Arbeitstage vom 22. Dezember bis zum 2. Januar des Folgejahres zu gewähren.

Die Arbeitgeberin beantragte die Abweisung der Klage. Der Antrag auf Teilzeitarbeit sei rechtsmissbräuchlich, da er nicht den Zielsetzungen des TzBfG entspreche. Der Flugkapitän versuche mit diesem Antrag Sonderurlaub zu erlangen, auf den er keinen Anspruch habe.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht wies im Berufungsverfahren die Klage ab. Mit der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) wollte der Flugkapitän das Urteil des Arbeitsgerichts wiederherstellen lassen.

Das BAG urteilte, der Flugkapitän habe keinen Anspruch auf die Erfüllung seines Antrages. Das LAG habe die Klage zurecht abgewiesen. Die Arbeitgeberin sei nicht verpflichtet, dem Antrag stattzugeben.

Die beantragte Arbeitszeitverringerung entspreche durchaus dem Teilzeitbefristungsgesetz. Die Voraussetzungen für die Arbeitszeitverringerung seien erfüllt, es stünden keine betrieblichen Gründe dagegen. Der konkrete Verteilungswunsch und die Abhängigkeit des Änderungsangebotes von der gewünschten Arbeitszeitverteilung gingen mit dem TzBfG konform. Die Arbeitgeberin konnte das so formulierte Verlangen auf Arbeitszeitverringerung somit nur einheitlich annehmen oder ablehnen.

Dem Verlangen des Flugkapitäns auf kürzere Arbeitszeit stehe jedoch eine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) entgegen.

Die im TzBfG geregelten Ansprüche auf Verkürzung bzw. Verlängerung der Arbeitszeit sollen den Wechsel von Vollzeitarbeit in Teilzeitarbeit und umgekehrt erleichtern. Die Schaffung von Teilzeitstellen diene der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Die Verringerung der Arbeitszeit ist im Gesetz nicht limitiert. So kann auch eine geringfügige Veränderung der Arbeitszeit für Teilzeitarbeit beansprucht werden. Kann jedoch aus den Umständen der Schluss gezogen werden, die Arbeitszeitverringerung würde zweckwidrig genutzt um eine Verteilung der Arbeitszeit zu erreichen, auf die unter normalen Umständen kein Anspruch bestehe, kann ein Rechtsmissbrauch angenommen werden.

Der angestrebte Zeitraum zum Jahreswechsel einschließlich Weihnachten, Silvester und Neujahr sei erfahrungsgemäß für Freistellung unter Flugzeugführern besonders begehrt. Der Antrag des Flugkapitäns verfolge die Absicht, unter geringer Einbuße seines Einkommens eine Freizeitgarantie für diesen Zeitraum zu bekommen. Durch Erhalt dieser Garantie müsste er nicht mehr befürchten, dass sein Urlaubsbegehren wegen der Urlaubswünsche seiner Kollegen, die aus sozialer Sicht den Vorrang verdienten, abgelehnt werden könnte.

Der Flugkapitän nutze eine formale Rechtsposition zur Durchsetzung seines Antrages und Erreichung einer Arbeitszeitgestaltung in seinem Interesse. Darauf habe er isoliert betrachtet keinen Anspruch.