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Befristetes Arbeitsverhältnis durch gerichtlichen Vergleich

Gerichtlicher Vergleich – Sachgrund für ein befristetes Arbeitsverhältnis

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.06.2016, Aktenzeichen 7 AZR 339/14

Wird ein Arbeitsverhältnis durch einen gerichtlichen Vergleich befristet, so ist dies ein sachlicher Grund für den befristeten Arbeitsvertrag.

Eine Bearbeiterin war zunächst beim Land Brandenburg für ein Jahr befristet beschäftigt. Im anschließenden Stellenbesetzungsverfahren wurde sie nicht berücksichtigt. Das Land stellte eine andere Bewerberin ein.

Die Bearbeiterin erhob eine Befristungskontrollklage gegen ihr befristetes Arbeitsverhältnis. Sie beantragte zudem ihre Einstellung auf der ausgeschriebenen Stelle. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) bot während des Berufungsverfahrens den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags im Wege eines gerichtlichen Vergleichs an.

Die Bearbeiterin erhielt einen befristeten Arbeitsvertrag für ein volles Kalenderjahr. Nach Ablauf des Jahres legte die Bearbeiterin erneut Klage beim Arbeitsgericht ein.

Der zweiten Befristung fehle ein Sachgrund, deshalb sei sie unwirksam. Die Befristung beruhe nicht auf einem gerichtlichen Vergleich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz). Zum Zeitpunkt des Vergleichs habe kein offener Streit über die Wirksamkeit der vorherigen sachgrundlosen Befristung bestanden.

Die Bearbeiterin beantragte die Feststellung, dass das auf gerichtlichen Vergleich beruhende befristete Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Das beklagte Land beantragte die Klageabweisung. Der Vergleich sei nach § 278 Absatz 6 Satz 1 ZPO (Zivilprozessordnung) zustande gekommen und rechtfertige daher die Befristung des Arbeitsvertrags nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 TzBfG. Der Bearbeiterin sei es nach § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Befristung zu berufen.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Berufung zurück. Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verfolgte die Bearbeiterin ihre Klage weiter.

Das BAG bestätigte, die Befristungskontrollklage sei zurecht abgewiesen worden. Die Befristung sei nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 TzBfG gerechtfertigt, da sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruhe. Ein sachlicher Grund für die Befristung liege vor, wenn sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruhe. Der gerichtliche Vergleich sei dann ein Sachgrund, wenn die Parteien zur Beendigung eines Kündigungsschutzverfahrens oder eines sonstigen Rechtsstreits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses Einigung erzielen. Der gerichtliche Vergleich unterstehe keiner weiteren Befristungskontrolle. Die Kontrollfunktion erfülle das Arbeitsgericht durch seine Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs.

Werde vom Arbeitsgericht zur Beendigung des Verfahrens über den Bestand des Arbeitsverhältnisses ein Vergleich vorgeschlagen, der eine wenn auch begrenzte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, so sei das in der Regel eine ausreichende Gewähr, dass diese Befristung dem Arbeitnehmer nicht grundlos den gesetzlichen Bestandsschutz nehme.

Damit das Gericht einen Vergleich vorschlagen kann, muss ein offener Streit zwischen den Parteien zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bestehen. Die Parteien müssen gegensätzliche Standpunkte vertreten ob bzw. wie lange zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Der Arbeitnehmer müsse ausdrücklich seine Rechtsposition vertreten und gegenüber der Arbeitgeberin geltend gemacht haben. Die Arbeitgeberin muss es daraufhin abgelehnt haben, den Arbeitnehmer seiner Forderung entsprechend zu beschäftigen.

Der Vergleich erfüllt nur dann seine Voraussetzungen, wenn das Gericht verantwortungsvoll daran mitgewirkt hat. Das Gericht unterbreitet einen schriftlichen Vergleichsvorschlag, der von den Parteien gegenüber dem Gericht angenommen wird. Das Gericht wirkt auch dann am Vergleich mit, wenn es sich einen von einer Partei vorgelegten Vergleichsvorschlag zu eigen macht und diesen den Parteien unterbreitet.

Es fehle an der Mitwirkung des Gerichts, wenn die Parteien dem Gericht einen übereinstimmenden schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiteten, da das Gericht in diesem Fall nur eine Feststellungsfunktion übernehme. Ein solcher Vergleich sei in der Regel dann nicht nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG sachlich gerechtfertigt. Der Vergleich genügt § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO und rechtfertigt ausnahmsweise die Befristung nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 TzBfG.

Der vorliegende Vergleich genüge ausnahmsweise als Sachgrund für die Befristung nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 TzBfG, da er unter verantwortlicher Mitwirkung des Gerichts zustande gekommen sei. Das Gericht habe am Inhalt des Vergleichsvorschlags verantwortlich mitgewirkt, indem es sich den Vergleichsvorschlag des beklagten Landes zu eigen gemacht und diesen den Parteien unterbreitet habe.

Die Parteien haben den Vergleich zur Beendigung eines offenen Streits über die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses geschlossen. Die Klägerin habe nicht nur eine Befristungskontrollklage erhoben. Sie habe auch die Feststellung der Unwirksamkeit der Auswahl im Stellenbesetzungsverfahren sowie ihre Einstellung auf der ausgeschriebenen Stelle beantragt. Dieser offene Streit über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wurde anhand des Vergleichs beigelegt.