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Befristeter Arbeitsvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden

Zwingende Schriftform für ein befristetes Arbeitsverhältnis

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2016, Aktenzeichen 7 AZR 797/14

Für die Befristung eines Arbeitsvertrages gilt zwingend die Schriftform, um größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten. Wird die Schriftform nicht eingehalten, gilt der Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Ein promovierter Soziologe wurde befristet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität beschäftigt. Als Sachgrund für die Befristung galt die Vertretung eines Mitarbeiters. Die zweite Verlängerung des Dienstvertrages war bis zum 31. März 2013 befristet. Am 10. Dezember erklärte die Arbeitgeberin, das Dienstverhältnis des zu vertretenden Mitarbeiters ende mit Ablauf des gleichen Tages. Damit entfalle der Zweck der Befristung des mit dem Soziologen abgeschlossen Dienstverhältnisses, das nun nach einer Auslauffrist von 14 Tagen nach Zugang des Unterrichtungsschreibens ende.

Am19. Dezember wandte sich der Soziologe mit seiner Klage beim Arbeitsgericht gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Zweck- und Zeitbefristung.

Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters enden solle. Die Befristungsabrede sei unwirksam, da die erforderliche Schriftform nicht gewahrt wurde. Die Vorlage des nicht unterzeichneten Vertragsdokuments zur Verlängerung der Befristung sei unter Berücksichtigung des vorangegangenen Antrags seines Vorgesetzten als Vertragsangebot der Arbeitgeberin zu verstehen. Dieses Angebot habe er durch Unterzeichnung des Dokuments angenommen. Der Arbeitsvertrag zur 2.Verlängerung sei zustande gekommen, indem er das Arbeitsverhältnis im Einverständnis mit der Arbeitgeberin fortgesetzt habe. Die Arbeitgeberin habe den Abschluss der Befristung nicht von der Schriftform abhängig gemacht.

Der Soziologe beantragte festzustellen, dass das befristete Arbeitsverhältnis weder zum Dezember 2012 noch zum Ablauf des März 2013 geendet habe. Die Arbeitgeberin habe ihn bis zum Ablauf des Rechtsstreits zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.    

Die Arbeitgeberin beantragte die Klageabweisung. Die Personalbearbeiterin habe noch vor dem Beginn der erneuten Befristung den Dienstvertrag unterschrieben. Durch die Fortsetzung seiner Tätigkeit habe der Soziologe auf den Zugang der schriftlichen Annahmeerklärung verzichtet.

Der Arbeitsvertrag sei nicht durch schlüssiges Verhalten (konkludent) in Form der Fortsetzung der Tätigkeit zustande gekommen. Der Abschluss des Arbeitsvertrages sei erkennbar durch die Unterschriftsfelder unter den Vorbehalt eines schriftlichen Abschlusses gestellt worden. Zudem sei dem Soziologen bei Vertragsunterzeichnung mitgeteilt worden, ein Vertragsexemplar werde ihm nach Unterzeichnung durch die Arbeitgeberin per Hauspost übermittelt. Kein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Mitarbeiter habe von der Fortsetzung der Tätigkeit Kenntnis gehabt. Nach Treu und Glauben sei es dem Soziologen verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Form der Befristung zu berufen.

Das Arbeitsgericht gab der Klage des Soziologen in vollem Umfang statt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) änderte das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise ab. Es wies die Anträge ab, mit denen das Arbeitsverhältnis durch die Befristung zum Ablauf März 2013 nicht beendet, sowie eine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Urteil erreicht werden sollte.

Beide Parteien begehrten die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG). Der Soziologe begehrte die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichtes, während die Arbeitgeberin auch die Abweisung des Antrages anstrebte, der die Feststellung beantragte, dass die Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses nicht zum Dezember 2012 erfolgte.

Das BAG entschied, das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund einer Zweckbefristung zwei Wochen nach dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung über den Zeitpunkt der Zweckerreichung am 25. Dezember geendet.

Die Parteien hätten ausschließlich eine kalendermäßige Befristung zum 31. März 2013 vorgesehen, jedoch keine Zweckbefristung. Eine Doppelbefristung in Form einer kombinierten Zweck- und Zeitbefristung sei grundsätzlich zulässig. Eine Zweckbefristung erfordere jedoch eine unmissverständliche Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung enden solle. Der Zweck müsse nach § 14 Absatz 4 TzBfG (Teilzeitbefristungsgesetz) schriftlich vereinbart werden. Die Auslegung der schriftlichen Befristungsabrede ergebe, die Parteien hätten keine Zweckbefristung vereinbart.

Die äußere Form der Befristungsabrede begründe eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 Absatz 1 Satz 1 BGB  (Bürgerliches Gesetzbuch) handele. Ist der Vertragstext nicht eindeutig, komme es für die Auslegung darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen sei. Dabei sei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner zu beachten.

Der Dienstvertrag enthalte keine unmissverständliche Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall, dass die Beurlaubung des zu vertretenden Mitarbeiters ende. Es sei lediglich der Befristungsgrund dokumentiert, jedoch keine eigenständige Zweckbefristung. Die Beendigung des Dienstverhältnisses sei allein nach dem Datum geregelt.

Das LAG sei nicht verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass eine Vertragsbeendigung zum 25. Dezember 2012 bereits wegen der fehlenden Zweckbefristung scheitern könnte. Diesen Umstand habe der Soziologe bereits geltend gemacht. Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter musste damit rechnen, dass das LAG auch die Vereinbarung einer Zweckbefristung verneinen könne.

Die Arbeitgeberin habe behauptet, dem Soziologen sei vor Arbeitsantritt kommuniziert worden, sein Arbeitsverhältnis werde im Falle der vorzeitigen Beendigung der Beurlaubung des zu vertretenden Mitarbeiters vor dem 31. März 2013 enden. Diese Aussage sei für die Auslegung der Vertragsbestimmungen nicht von Bedeutung. Bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Absatz 1 Satz 1 BGB könnten die vertragsbegleitenden Umstände nicht berücksichtigt werden. Das sei eine Folge der objektiven, typisierten Auslegung.

Die Berufung sei auch begründet für den Antrag, dass das befristete Arbeitsverhältnis nicht zum 31.März. 2013 geendet habe. Der Antrag zur vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung falle jedoch nicht zur Entscheidung an. Die Entscheidung des BAG darüber werde mit der Verkündung dieser Entscheidung rechtskräftig.

Die vereinbarte Befristung zum 31. März 2013 sei nach § 14 Absatz 4 TzBfG und § 125 Satz 1 BGB nichtig. Der befristete Arbeitsvertrag wurde somit nach § 16 Satz 1 TzBfG auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Wirksamkeit einer Befristung bedarf der Schriftform. Die Einhaltung der Schriftform bedarf der eigenhändigen Namensunterschrift oder eines notariell beglaubigten Handzeichens. Die Schriftform ist nur für die Befristung des Arbeitsvertrages erforderlich, nicht für den gesamten Arbeitsvertrag.

Werde ein befristeter Arbeitsvertrag mündlich abgeschlossen, sei die Befristung nichtig. Daraus folgend entstehe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Das gelte auch dann, wenn die Vertragsparteien zunächst mündlich eine Befristungsabrede abschließen und die mündliche Vereinbarung nach der Arbeitsaufnahme schriftlich niederlegen. In diesem Fall ist die mündlich getroffene Vereinbarung nichtig und hat zur Folge, dass bei Vertragsbeginn ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht.

Die spätere schriftliche Niederlegung mache nicht die zunächst formnichtige Vereinbarung rückwirkend wirksam. Es könne lediglich das bei Vertragsbeginn entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis nachträglich befristet werden. Dafür seien jedoch die Willenserklärungen der Parteien zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge notwendig.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist die vereinbarte Befristung zum 31. März 2013 nichtig. Die Arbeitgeberin habe das schriftliche Angebot des Soziologen auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages nicht schriftlich, sondern durch schlüssiges Verhalten durch Entgegennahme der Arbeitsleistung ab dem 01. Oktober 2012 angenommen. Die Schriftform sei nicht durch eine etwaige Unterzeichnung der Vertragsurkunde vor Vertragsbeginn durch die Arbeitgeberin gewahrt worden. Der Formmangel sei auch nicht durch den nachträglichen Zugang der Vertragsurkunde geheilt worden.

Der Arbeitsvertrag ist zustande gekommen, indem die Arbeitgeberin das schriftliche Angebot des Soziologen konkludent (durch schlüssiges Verhalten) durch Entgegennahme der Arbeitsleistung angenommen habe. Die Übergabe der nicht unterzeichneten Vertragsurkunde an den Soziologen stelle kein Angebot der Arbeitgeberin auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages dar, sondern lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Vertragsangebotes.

Die Arbeitgeberin hatte die Vertragsurkunde noch nicht unterzeichnet und somit keinen endgültigen Bindungswillen zum Ausdruck gebracht. Der notwendige Bindungswille ergebe sich auch nicht aus dem Antrag des Vorgesetzten des Soziologen auf dessen Weiterbeschäftigung. Selbst die Festlegung der Vertragsbedingungen spreche nicht für ein bindendes Vertragsangebot. Durch die Rückgabe des unterzeichneten Vertragsangebotes habe der Soziologe ein Angebot zum Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages zu den von der Arbeitgeberin vorformulierten Bedingungen unterbreitet. Die Arbeitgeberin habe durch Bereitstellung des Arbeitsplatzes und Entgegennahme der Arbeitsleistung das Angebot angenommen.

Das LAG habe rechtsfehlerhaft angenommen, der Soziologe habe die Entgegennahme seiner Arbeitsleistung nicht als Annahme seines Vertragsangebotes verstehen dürfen, weil die Arbeitgeberin den Vertragsabschluss unter den Vorbehalt seiner schriftlichen Annahme gestellt habe. Die Vorlage einer noch nicht von der Arbeitgeberin unterzeichneten Vertragsurkunde stelle den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsabschlusses. Die Arbeitgeberin kündigte damit auch nicht die schriftliche Niederlegung des Vereinbarten an und gab keine auf den Vertragsabschluss gerichtete Erklärung ab, die nur durch die der Form des § 126 Absatz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) genügende Unterzeichnung der Vertragsurkunde angenommen werden kann. Der Arbeitnehmer wird vielmehr zur Abgabe eines Vertragsangebotes zu den in der Vertragsurkunde genannten Bedingungen aufgefordert.

Ist das Angebot von der Arbeitgeberin bei der Übergabe vor Vertragsbeginn bereits unterzeichnet, hat sie alles getan, um das Schriftformgebot einzuhalten. Bei der Übergabe eines nicht unterzeichneten Vertragsentwurfes ist dies hingegen nicht der Fall.

Die ausdrückliche Erklärung der Arbeitgeberin, der Arbeitsvertrag solle nicht durch Entgegennahme der Arbeitsleistung, sondern erst mit Zugang der von ihr unterzeichneten Vertragsurkunde beim Arbeitnehmer zustande kommen sei unbeachtlich, da die Arbeitgeberin die Auslegung ihres Verhaltens nicht ausschließen könne. Die Erklärung stehe im Widerspruch zum tatsächlichen Verhalten der Arbeitgeberin und sei damit für die rechtliche Wertung, welcher Bedeutung die Inanspruchnahme der Arbeitsleistung zukommt ohne Bedeutung.

Durch ihr tatsächliches Verhalten verwirkte die Arbeitgeberin die Geltendmachung einer anderen Auslegung. Demnach stand der Vertragsabschluss nicht unter dem Vorbehalt der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch beide Parteien. Die Arbeitgeberin habe das Angebot durch schlüssiges Verhalten angenommen, indem sie bei Vertragsbeginn einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellte und die Arbeitsleistung des Soziologen angenommen habe. Der Soziologe durfte dieses Verhalten der Arbeitgeberin als Annahme seines Vertragsangebotes verstehen. Er durfte davon ausgehen, dass er seine Arbeitsleistung zu den im Vertrag vorgesehenen Bedingungen ab dem 1. Oktober 2012 erbringen sollte. Es durfte das Verhalten der Arbeitgeberin als Annahme seines Angebotes verstehen, da sie sich nicht gegenteilig äußerte und ihn nicht an der Erbringung der Arbeitsleistung hinderte.

Die Schriftform wurde nicht eingehalten, da dem Soziologen die schriftliche Annahmeerklärung nicht vor Vertragsbeginn zugegangen ist. Die Wahrung der Schriftform nach § 14 Absatz 4 TzBfG erfordere den Zugang der unterzeichneten Befristungsabrede beim Erklärungsempfänger vor Vertragsbeginn.

Das Erfordernis der Schriftform nach § 14 Absatz 4 TzBfG solle größtmöglicher Rechtssicherheit dienen, da die besondere Bedeutung der Befristung ohne weitere Erklärung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe. Dem Arbeitnehmer soll deutlich gemacht werden, dass sein Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch endet und somit keine dauerhafte Existenzgrundlage bilden kann. Die Schriftform solle auch Streit darüber verhindern, ob die schriftliche Annahme bereits zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns erklärt war.