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Kein Arbeitsverhältnis für Geschäftsführer

Ein Geschäftsführer steht nicht im Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 25.10.2017, Aktenzeichen 3 Sa 61/17

Wird ein Arbeitnehmer zum Geschäftsführer bestellt, nimmt er eine Organstellung wahr. Mit dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages wird das bisherige Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers aufgehoben.

Ein als Betriebsleiter angestellter Mitarbeiter wurde Anfang 2015 zum Geschäftsführer berufen. Sein Bruttomonatsgehalt entsprach nun dem Geschäftsführergehalt. Zusätzlich wurden weitere Zahlungen in Form von Tantiemen vereinbart, die vom Umsatz des Unternehmens abhängig waren.

Mit zwei Kündigungsschreiben vom Anfang November 2015 kündigte die Arbeitgeberin das Vertragsverhältnis zum Jahresende 2015. In einem späteren Kündigungsschreiben kündigte die Arbeitgeberin im gleichen Monat erneut, diesmal fristlos und vorsorglich fristgemäß.

Gegen alle drei Kündigungen erhob der Geschäftsführer Kündigungsschutzklagen beim Arbeitsgericht. Im Mai 2016 beschloss das Arbeitsgericht, für die Feststellungs- und Weiterbeschäftigungsansprüche sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet. Auf die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers hat das LAG die Beschlüsse des Arbeitsgerichts jeweils abgeändert und im Rahmen der Abänderungsbeschlüsse festgestellt, dass im Hinblick auf die vom Geschäftsführer geltend gemachten Feststellungs- und Weiterbeschäftigungsansprüche der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist.

Die geltend gemachten Zahlungsanträge sowie die Widerklage der Arbeitgeberin wurden rechtskräftig an das Landgericht Neubrandenburg verwiesen.

Das Arbeitsgericht führte später die drei Einzelverfahren im verbliebenen Umfang zu einem Verfahren zusammen. Im März 2017 urteilte das Arbeitsgericht, hinsichtlich der Feststellungs- und Weiterbeschäftigungsansprüche sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Seit dem 01.01.2015 habe zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden. Mit Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages sei das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis aufgehoben worden. Seither befand sich der Betriebsleiter als bestellter Geschäftsführer in einer Organstellung.

Gegen dieses Urteil legte der Geschäftsführer Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) ein. Durch die Abberufung als Organ der Arbeitgeberin und die Kündigung seiner Stellung als Geschäftsführer sei nicht gleichzeitig seine Position als Arbeitnehmer gekündigt worden. Die Anstellungsverträge als Angestellter und Arbeitnehmer aus der Tätigkeit seit dem 01.04.2012 seien ungekündigt. Das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar.

Um nach außen hin die Legitimation und Kompetenz einer landwirtschaftlichen Eignung als Betrieb nachweisen zu können, sei die Geschäftsführertätigkeit eingeführt worden, habe aber nur auf dem Papier bestanden. Die zusätzlichen Tantiemen seien vereinbart worden, weil er seine Qualifikation zur Verfügung stellte. Die ausgeführten Tätigkeiten des Geschäftsführers hätten denen eines angestellten Arbeiters entsprochen. Dazu gehörten Tätigkeiten als Betriebsleiter, Fahrer von Erntemaschinen, Häcksler und sonstigen Fahrzeugen, Tätigkeiten eines Landwirts usw.

Seine Einberufung zum Fremdgeschäftsführer dürfe nicht dazu führen, dass damit der langjährige Angestellte oder Arbeiter durch die nominelle Berufung zum Geschäftsführer aus bekannten Gründen seinen Kündigungsschutz verliere. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht einschlägig, weil er auch über den 01.01.2015 durchgehend als Arbeitnehmer und Betriebsleiter beschäftigt worden sei.

Hinsichtlich der Klage berufe er sich nicht auf seine Geschäftsführertätigkeit, die er niemals ausgeübt habe, sondern auf seine seit 2012 ausgeführte Tätigkeit als Betriebsleiter und Arbeitnehmer.

Der Geschäftsführer beantragte vor dem Landesarbeitsgericht festzustellen, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigungen nicht aufgelöst worden. Stimme das Gericht seinen Anträgen zu, sei die Arbeitgeberin zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages aus dem Jahr 2012 zu unveränderten Bedingungen als Betriebsleiter weiter zu beschäftigen.

Die Arbeitgeberin beantragte Klageabweisung. Gerade weil er die ihm als Geschäftsführer obliegenden Tätigkeiten nicht vertrags- und gesetzeskonform ausgeübt habe, seien die Kündigungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages ausgesprochen worden.

Das Landesarbeitsgericht entschied, es habe während der Geschäftsführertätigkeit kein Arbeitsverhältnis bestanden. Nach § 5 Absatz 1 Satz 3 ArbGG (Arbeitsgesetzbuch) gelten Personen nicht als Arbeitnehmer, die Kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

Mit Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit Wirkung zum 01.01.2015 habe der Geschäftsführer eine entsprechende Organstellung wahrgenommen und das ehemals zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde damit aufgehoben. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag haben die Parteien die Beendigung zuvor bestehender arbeitsvertraglicher Vereinbarungen festgelegt.

In dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages durch einen angestellten Mitarbeiter liege im Zweifel die schlüssige stillschweigende Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nicht entscheidend sei, ob der Arbeitnehmer den Geschäftsführeranstellungsvertrag mit einer anderen Gesellschaft oder unmittelbar mit seiner Arbeitgeberin abschließe. Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien solle regelmäßig neben dem Dienstvertrag nicht noch ein Arbeitsvertrag ruhend fortbestehen.

Die Tätigkeit eines Geschäftsführers ist nach dem gesetzgeberischen Willen nach § 37 GmbHG (GmbH Gesetz) weisungsgebunden. Das Weisungsrecht entspreche einer umfassenden Regelzuständigkeit der Gesellschafter in allen Angelegenheiten der Gesellschaft. Sie seien das zentrale Willensorgan der GmbH und in dieser gesellschafts- und verfassungsrechtlich dominierenden Stellung den Geschäftsführern übergeordnet.

Die Argumentation des Geschäftsführers, er habe seine bisherigen Tätigkeiten als Betriebsleiter, Fahrer von Erntemaschinen usw. weiter unverändert fortgesetzt, wurde nicht durch die Auflistung konkreter Tätigkeiten und ihrer zeitlichen Ausführung dargestellt und der Tätigkeit als Geschäftsführer gegenübergestellt. Durch den fehlenden Sachvortrag war es dem erkennenden Gericht nicht möglich, überhaupt eine vergleichende Wertung vorzunehmen.

Durch die vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers änderte sich das Vertragsverhältnis nicht automatisch zum Arbeitsverhältnis.

Das Landesarbeitsgericht konnte nicht feststellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Deshalb blieb die Berufung erfolglos.

Eine Revision zu dieser Entscheidung wurde nicht zugelassen.