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Befristung des Arbeitsverhältnisses wird nicht durch unternehmerisches Risiko gerechtfertigt

Beendigung der Befristung eines Arbeitsverhältnisses

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.01.2018, Aktenzeichen 7 AZR 22/16

Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt eine Befristung nicht. Eine solche Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko der Arbeitgeberin, das sie nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf den Arbeitnehmer abwälzen darf.

Eine Sozialpädagogin war seit 2008 ununterbrochen an einem beruflichen Schulzentrum beschäftigt. Über einen Zeitraum von 6 Jahren wurde jeweils für ein Jahr ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen. Gegen die Befristung des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrages klagte die Sozialpädagogin. Die Befristung zum 31. Juli 2014 sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Vor dem Arbeitsgericht beantragte die Sozialpädagogin die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe nicht zum 31. Juli 2014 geendet. Sollte dem Antrag stattgegeben werden, sei sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Arbeitgeberin vertrat die Auffassung, die Befristung sei nach dem Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) und wegen der Finanzierung durch Drittmittel sachlich gerechtfertigt. Die sozialpädagogische Betreuung während des Berufsvorbereitungsjahrs sei keine Daueraufgabe, sondern ein auf das Schuljahr bezogenes Projekt. Es läge in der Entscheidung der Arbeitgeberin, ein Berufsvorbereitungsjahr durchzuführen. Wegen der zeitlichen Begrenzung der Fördermittel habe festgestanden, dass es über das Schuljahresende hinaus keinen Beschäftigungsbedarf für die sozialpädagogische Betreuung gebe. Das Berufsvorbereitungsjahr könne nur mit bewilligten Fördermitteln durchgeführt werden. Die Bewilligung von Fördermitteln stehe unter dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel und setze voraus, dass vor dem Bewilligungszeitraum kein Vertrag abgeschlossen wurde.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) gab der Klage statt. Mit ihrer Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verlangte die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Sozialpädagogin beantragte die Zurückweisung der Revision.

Das BAG entschied, die Revision sei unbegründet. Das LAG habe dem Klageantrag zurecht stattgegeben. Die Befristung sei mangels eines sachlichen Grundes unwirksam.

Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags liegt nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Der Sachgrund setze voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Hierüber hat die Arbeitgeberin bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose sei Teil des Sachgrunds für die Befristung. Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose habe die Arbeitgeberin im Prozess darzulegen.

Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertige die Befristung nicht. Eine solche Unsicherheit gehöre zum unternehmerischen Risiko der Arbeitgeberin, das sie nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf den Arbeitnehmer abwälzen dürfe.

Für das Vorliegen eines Projekts spreche regelmäßig, wenn dem Arbeitgeber für die Durchführung der in dem Projekt verfolgten Tätigkeiten von einem Dritten finanzielle Mittel oder Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden. Wird ein Arbeitnehmer für die Mitwirkung an einem Projekt befristet eingestellt, muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erwarten sein, dass die im Rahmen des Projekts durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen. Für eine solche Prognose der Arbeitgeberin bedarf es ausreichend konkreter Anhaltspunkte.

Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die sozialpädagogische Betreuung Jugendlicher im Berufsvorbereitungsjahr sei kein zeitlich begrenztes Projekt. Zwar setze die Pflicht der Arbeitgeberin zur sozialpädagogischen Betreuung Jugendlicher im Berufsvorbereitungsjahr die Einrichtung eines Berufsvorbereitungsjahrs voraus. Die Einrichtung des Berufsvorbereitungsjahrs sei jedoch nicht von vornherein auf vorübergehende Dauer angelegt.

Die Einrichtung des Berufsvorbereitungsjahrs und damit die Aufgabe der Arbeitgeberin, die sozialpädagogische Betreuung Jugendlicher im Berufsvorbereitungsjahr zu gewährleisten, sei nicht auf die Dauer eines Schuljahrs angelegt. An dem Berufsschulzentrum bestehe bereits seit dem Schuljahr 2008/2009 durchgehend ein Berufsvorbereitungsjahr. Die Arbeitgeberin habe nicht vorgetragen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im August 2013 konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein Berufsvorbereitungsjahr für die Zeit nach dem Juli 2014 entgegen der bisherigen Praxis nicht mehr eingerichtet werden sollte. Die mit der bloßen Unsicherheit über die künftige Einrichtung eines Berufsvorbereitungsjahrs einhergehende Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertige die Befristung nicht.

Nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird. Der Sachgrund des § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG setzt die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die befristete Beschäftigung in einem Haushaltsplan und die Vergütung des Arbeitnehmers aus diesen Haushaltsmitteln voraus. Die Vergütung der Sozialpädagogin erfolgte nicht aus Haushaltsmitteln, die in einem Haushaltsplan mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung ausgebracht waren. Die Sozialpädagogin wurde aus zweckgebundenen Fördermitteln vergütet. Solche Förder- oder Drittmittel sind keine Haushaltsmittel im Sinne von § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG.

Allein die Ungewissheit über die in Zukunft zur Verfügung stehenden Mittel reiche als Sachgrund für die Befristung nicht aus. Nur wenn die Mittel von vornherein lediglich für eine genau bestimmte Zeitdauer bewilligt wurden und anschließend wegfallen sollten, sei die Befristung sachlich gerechtfertigt. In diesem Fall sei davon auszugehen, dass sowohl der Drittmittelgeber als auch die Arbeitgeberin sich gerade mit den Verhältnissen dieser Stelle befasst und ihre Entscheidung über den Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes aus sachlichen Erwägungen getroffen haben.

Bei Vertragsschluss im August 2013 habe es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Drittmittel mit dem Ende des Bewilligungszeitraums wegfallen würden. Der Freistaat Sachsen hatte der Arbeitgeberin zwar mit Bescheid vom Juli 2013 eine Zuwendung für die Durchführung der Maßnahme für die Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2014 bewilligt. Die zeitliche Begrenzung der Bewilligung rechtfertigte jedoch nicht die Annahme, dass die finanzielle Förderung anschließend wegfallen sollte, da der Freistaat Sachsen der Arbeitgeberin jedenfalls seit dem Schuljahr 2008/2009 lückenlos für jedes Schuljahr Zuwendungen für die sozialpädagogische Betreuung Jugendlicher im Berufsvorbereitungsjahr am beruflichen Schulzentrum gewährt hatte.

Auch aus Ziffer 1.2 der Förderrichtlinie BVJ (Berufsvorbereitungsjahr) ergebe sich nicht, dass zukünftig solche Zuwendungen nicht mehr bewilligt werden sollten.

Die Arbeitgeberin machte erfolglos geltend, dass sie gehalten sei, befristete Arbeitsverträge abzuschließen, weil der Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags einer künftigen finanziellen Förderung durch den Freistaat Sachsen entgegenstehe. Der Sachgrund der Drittmittelfinanzierung rechtfertige die Befristung eines Arbeitsvertrags nicht aufgrund einer Vorgabe des Drittmittelgebers gegenüber seinem Auftragnehmer, Arbeitsverträge zur Mitwirkung an dem Vorhaben erst nach Bewilligung der Drittmittel befristet abzuschließen. Andernfalls hätte es die Arbeitgeberin im Zusammenwirken mit dem Drittmittelgeber in der Hand, einen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrags zu schaffen, obwohl lediglich eine Unsicherheit darüber besteht, ob auch künftig Mittel zu Verfügung gestellt werden.