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Kündigung eines Wahlvorstandsmitglieds wegen Weiterleitung von sensiblen persönlichen Daten an eine private E-Mail-Adresse

Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 01.08.2023, Aktenzeichen 5 Ca 101/23

Amtliche Leitsätze:

1. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht kein Rechtsschutzinteresse auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte mehr. Denn nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die Warnfunktion entfallen. Ein Entfernungsanspruch kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, die Abmahnung könne dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden; hierfür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig.

2. Ein Betriebsratsmitglied / Mitglied des Wahlvorstands steht hinsichtlich der Beurteilung des wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB grundsätzlich jedem anderen Arbeitnehmer gleich; seine Eigenschaft als Amtsträger i.S.v. § 15 KSchG darf weder zu seinen Gunsten noch zu seinen Ungunsten berücksichtigt werden.

3. Die Weiterleitung der zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl in einer Wählerliste gesammelten personenbezogenen Daten sämtlicher wahlberechtigten Mitarbeiter durch ein Wahlvorstandsmitglied an eine private E-Mail-Adresse stellt einen derart schwerwiegenden Pflichtenverstoß dar, dass dadurch das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber irreparabel zerstört wird. Eine sofortige Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist in diesem Fall möglich.

4. Die fehlerhafte Angabe der Entgeltgruppe des Arbeitnehmers in der Betriebsratsanhörung führt nicht zu deren Fehlerhaftigkeit, wenn die angegebene Entgeltgruppe keinen Einfluss auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers gehabt und deshalb auch für die Entschließung des Betriebsrates keinen wesentlichen Umstand dargestellt hat.

Tatbestand: 

Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über die Berechtigung von 2 Abmahnungen und über die Rechtswirksamkeit von 2 Arbeitgeberkündigungen.

Die Beklagte sandte dem Kläger zwei Abmahnungen, datiert auf den 7. März 2023 wegen Nichtbefolgung festgelegter Berichtswege, und auf den 21. April 2023 wegen verspäteten Arbeitsbeginns an drei Tagen im Februar und März 2023. In seiner Klage vom 20. April 2023 sowie seiner Klageerweiterung vom 25. April 2023 wendet sich der Kläger gegen diese Abmahnungen und fordert ihre Entfernung aus seiner Personalakte sowie den Widerruf der darin erhobenen Vorwürfe.

Am 31. März 2023 stellte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Auskunftsanspruch gemäß Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und bat um Informationen über die zu seiner Person gespeicherten personenbezogenen Daten sowie alle weiteren gemäß Artikel 15 Absatz 1 DSGVO genannten Informationen sowie um eine Kopie dieser Daten. Im Zuge der Zusammenstellung dieser angeforderten Unterlagen unter Beteiligung des Datenschutzbeauftragten entdeckte die Beklagte am 27. April 2023 eine E-Mail, die der Kläger am 13. Januar 2022 um 13:37 Uhr von seinem Firmenaccount an die E-Mail-Adresse … gesendet hatte. Als Anhang war die Wählerliste beigefügt, die die Beklagte am 10. Januar 2022 im Zusammenhang mit der bevorstehenden Betriebsratswahl per E-Mail an den Vorsitzenden des Wahlvorstandes sowie in Kopie an die stellvertretende Wahlvorstandsvorsitzende geschickt hatte und die von der stellvertretenden Wahlvorstandsvorsitzenden am gleichen Tag an den Kläger weitergeleitet worden war. Die Wählerliste enthielt folgende Datenfelder von 542 Personen: Personalnummer, Anrede, Titel, Nachname, Vorname, Straße und Hausnummer, PLZ, Ort, Geburtsdatum, Mitarbeiterkreis (Leasing, Azubi, Gewerblich etc.), Eintrittsdatum, Vertragsende (wenn anwendbar), Nationalität, Organisationseinheit/Abteilung.

Der Betriebsrat stimmte der geplanten Kündigung zu. Daraufhin erklärte die Beklagte dem Kläger mit einem Schreiben vom 8. Mai 2023 die außerordentliche fristlose Kündigung. Diese Kündigung wird vom Kläger in seiner Klageerweiterung vom 10. Mai 2023 angefochten.

Am 15. Mai 2023 wurde der Betriebsrat erneut von der Beklagten zu einer beabsichtigten vorsorglichen außerordentlichen (diesmal Verdachts-) Kündigung angehört. Der Betriebsrat stimmte erneut mit einer Stellungnahme vom 17. Mai 2023 zu. Die (vorsorgliche) außerordentliche fristlose Kündigung wurde dann von der Beklagten dem Kläger mit einem Schreiben vom 20. Mai 2023 erklärt und ist Gegenstand der Klageerweiterung des Klägers vom 22. Mai 2023.

Der Kläger rügt die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, die nicht ordnungsgemäße Anhörung bei der Verdachtskündigung und sieht die Kündigungen insgesamt als unrechtmäßig an.

Der Arbeitgeber hingegen hält die Kündigungen für gerechtfertigt.

Entscheidung:

Das Gericht ist dem Arbeitgeber gefolgt und hat die Kündigungen für rechtmäßig erklärt. Da die Kündigungen rechtmäßig waren, bestand auch kein Anspruch mehr auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

Die Klageanträge Ziffer 1 und Ziffer 3, die auf die Entfernung der Abmahnungen vom 7. März 2023 und vom 21. April 2023 aus der Personalakte des Klägers abzielen, sind jedoch unzulässig, da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 8. Mai 2023 aufgelöst wurde (siehe unten Abschnitt II.).

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht kein rechtliches Interesse mehr an der Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Denn die Warnfunktion der Abmahnung entfällt mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Ein Anspruch auf Entfernung kann nur in Ausnahmefällen bestehen, wenn es objektive Hinweise darauf gibt, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Schaden zufügen könnte. In diesem Fall liegt die Beweislast und die Darlegungspflicht beim Arbeitnehmer (BAG vom 14. September 1994, NZA 1995, 220; LAG Sachsen vom 31. März 2023, NZA-RR 2023, 344, mit weiteren Verweisen).

Die Kündigungsschutzanträge sind nach dem Gericht in der Sache unbegründet.

Die Beklagte kann jedoch zu Recht darauf verweisen, dass ein wichtiger Grund für die außerordentliche fristlose Kündigung vom 8. Mai 2023 vorliegt.

  1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB liegt ein wichtiger Grund für die außerordentliche fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Der Kündigende trägt die Darlegungs- und Beweislast für alle Umstände, die als wichtiger Grund geeignet sein können. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes wird in zwei separaten Abschnitten geprüft: Zunächst wird untersucht, ob ein bestimmter Sachverhalt an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zu begründen, ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls. Anschließend wird überprüft, ob unter Berücksichtigung dieser Umstände und einer Interessenabwägung die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist. Dabei wird ein objektiver Maßstab angelegt. Ein Betriebsratsmitglied wird grundsätzlich hinsichtlich der Beurteilung des wichtigen Grundes wie jeder andere Arbeitnehmer behandelt; seine Rolle als Amtsträger gemäß § 15 KSchG darf weder positiv noch negativ berücksichtigt werden. Um Inkonsistenzen zu vermeiden, wird bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung von Betriebsratsmitgliedern auf die hypothetische Kündigungsfrist abgestellt. Demnach kann ein Betriebsratsmitglied gemäß § 626 BGB fristlos gekündigt werden, wenn einem vergleichbaren Arbeitnehmer ohne betriebsverfassungsrechtliche Funktion die Weiterbeschäftigung bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist nicht zumutbar wäre (BAG vom 10. Februar 1999, NZA 1999, 708; Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 31. Aufl. 2022, § 103 BetrVG, Rn. 27, mit weiteren Verweisen).

b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist der Beklagten im vorliegenden Fall ein wichtiger Grund für die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zuzuerkennen.

  1. Der Sachverhalt an sich ist als wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB geeignet (erste Prüfungsstufe). Durch die Weiterleitung der ihm überlassenen Wählerliste mit den höchstpersönlichen Daten von über 500 Beschäftigten der Beklagten an seine private E-Mail-Adresse hat der Kläger einen schwerwiegenden Vertragsbruch begangen. Die Sensibilität und der hohe Schutzbedarf dieser Daten sind unbestritten. Selbst wenn die Weitergabe der Daten durch den Kläger – wie von ihm behauptet, aber von der Beklagten bestritten – subjektiv der Ausübung seines Amts als Mitglied des Wahlvorstands dienen sollte, hat der Kläger durch sein Verhalten zumindest eine erhebliche (und besorgniserregende) Fahrlässigkeit gezeigt. Selbst unter der Annahme, dass der von ihm zu Hause genutzte Computer passwortgeschützt und nur für ihn zugänglich war, bleibt der berechtigte Vorwurf, dass der Kläger die Daten durch ihre Weiterleitung an seinen privaten E-Mail-Account der Kontrolle und dem Schutz der Beklagten entzogen hat. Ein solches Verhalten ist für die Beklagte – insbesondere im Interesse ihrer Beschäftigten, die ihre hochsensiblen Daten in ihre Obhut gegeben haben und auf den Schutz durch die Beklagte vertrauen durften – inakzeptabel.

Der von der Beklagten zur Kündigung herangezogene Sachverhalt unterliegt auch keinem Verwertungsverbot. Zum einen ist unstrittig, dass der Kläger die Wählerliste an einen privaten E-Mail-Account weitergeleitet hat und daher kein Beweis für diese Tatsache erforderlich ist. Zum anderen wurde der Sachverhalt allein durch ein Auskunftsersuchen des Klägers selbst von der Beklagten aufgedeckt. Infolgedessen kann der Kläger nicht die Vertraulichkeit seiner Daten und die Rechtswidrigkeit eines Zugriffs der Beklagten darauf geltend machen, wenn er selbst die Beklagte um Auskunft über seine gespeicherten personenbezogenen Daten gebeten hat. Schließlich steht auch die Rüge des Klägers über die fehlende Mitwirkung des Betriebsrats beim Zugriff auf seine Daten einer Verwertung der dadurch gewonnenen Erkenntnisse nicht entgegen, selbst wenn diese Rüge begründet wäre. Die Verletzung eines Mitbestimmungstatbestandes oder die Nichteinhaltung einer Betriebsvereinbarungsregelung begründet grundsätzlich weder ein Beweisverwertungs- noch ein Sachvortragsverwertungsverbot (BAG vom 13. Dezember 2007, NZA 2008, 1008; Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 5. Aufl. 2021, § 35 Compliance und Datenschutz, Rn. 243, mit weiteren Verweisen).

(2) Auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach Abwägung des Bestandschutzinteresses des Klägers gegen das Beendigungsinteresse der Beklagten ist eine fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt gewesen (zweite Prüfungsstufe).

Es handelt sich hier nicht nur um einen möglichen Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten, sondern auch um die Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten. Die Unterscheidung zwischen der Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher und arbeitsvertraglicher Pflichten ist wichtig. Eine bloße Amtspflichtverletzung kann keine arbeitsvertraglichen Sanktionen nach sich ziehen, sondern nur betriebsverfassungsrechtliche Konsequenzen, wie etwa die Amtsenthebung (Fitting, § 23 BetrVG, Rn. 21, mit weiteren Verweisen). Jedoch kann eine grobe Verletzung der Pflichten eines Betriebsratsmitglieds zugleich eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen. Ein Verhalten ist nur dann ausschließlich eine Amtspflichtverletzung, wenn es ausschließlich einen Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten darstellt. Verstößt das Betriebsratsmitglied jedoch auch gegen eine für alle Arbeitnehmer geltende vertragliche Pflicht, liegt zumindest auch eine Vertragspflichtverletzung vor (LAG Baden-Württemberg vom 9. September 2011, BeckRS 2011, 76075, Z. II.1.B. der Gründe). In einem solchen Fall hat der Arbeitgeber die Wahl: Er kann sich auf den Antrag auf Ausschluss des Mitglieds aus dem Betriebsrat beschränken oder eine außerordentliche Kündigung aussprechen, sofern das Verhalten eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt (Fitting, § 23 BetrVG, Rn. 22; APS-Linck, § 15 KSchG, Rn. 117; jeweils mit weiteren Verweisen). Bei einer möglichen außerordentlichen Kündigung wegen gleichzeitiger schwerwiegender Verletzung des Arbeitsvertrags muss ein strenger Maßstab angelegt werden, insbesondere wenn die Vertragsverletzung mit der Amtsausübung zusammenhängt (Fitting, § 23 BetrVG, Rn. 23, mit weiteren Verweisen).

Die vorliegende Kündigung erfüllt diesen strengen Maßstab. Selbst in seiner Position als Arbeitnehmer, insbesondere in einer Leitungsfunktion (wie aus seiner Signatur “Head of Technical Editorial Office” hervorgeht), war der Kläger dazu verpflichtet, sensiblen persönlichen Daten mit Sorgfalt umzugehen. Durch die Weiterleitung dieser Daten an eine private E-Mail-Adresse hat der Kläger sie jedoch der Kontrolle und dem Schutz der Beklagten entzogen, was eine schwerwiegende Verletzung seiner vertraglichen Pflichten darstellt. Selbst wenn dieses Fehlverhalten mit seinem Amt als Mitglied des Wahlvorstands zusammenhängen sollte, mildert dies nicht die Schwere des Verstoßes. Im Gegenteil, es hätte vom Kläger eine noch höhere Sensibilität im Umgang mit den ihm anvertrauten persönlichen Daten der gesamten Belegschaft erwartet werden können.

Die außerordentliche Kündigung eines Amtsträgers kann nur auf Gründe gestützt werden, die sich auch in Zukunft nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken werden (LAG Baden-Württemberg vom 9. September 2011, a.a.O.; Fitting, § 23 BetrVG, Rn. 23, mit weiteren Verweisen). Die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis müssen so schwerwiegend sein, dass eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber unzumutbar ist (LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 27. November 2013, BeckRS 2014, 65897). Dies trifft hier zu. Die Beklagte argumentiert zu Recht, dass der Kläger durch die Weitergabe sensibler personenbezogener Daten von allen 542 wahlberechtigten Mitarbeitern an eine private E-Mail-Adresse das Vertrauensverhältnis dauerhaft zerstört hat, so dass eine weitere Zusammenarbeit mit der Beklagten für diese unzumutbar ist. Die bloße Zugehörigkeit zum Betriebsratsgremium kann nicht dazu führen, dass Verstöße gegen die Verpflichtung, sorgsam mit sensiblen persönlichen Daten umzugehen, sanktionslos bleiben.

(3) Unabhängig von Fragen zur formellen Richtigkeit und inhaltlichen Tragfähigkeit der vorangegangenen Abmahnungen vom 7.3.2023 und vom 21.4.2023, sowie davon, ob sie für den Sachverhalt, der der Kündigung vom 8.5.2023 zugrunde lag, relevant waren oder ob die abgemahnten Vorfälle zu einer Vorbelastung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, kann festgestellt werden, dass das Fehlverhalten des Klägers, das der Beklagten als Grundlage für die außerordentliche Kündigung vom 8.5.2023 diente, keiner weiteren Abmahnung bedurfte. Die Weiterleitung der gesammelten personenbezogenen Daten sämtlicher wahlberechtigten Mitarbeiter an eine private E-Mail-Adresse stellt einen derart schwerwiegenden Verstoß gegen Pflichten dar, dass dadurch das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört wurde. Der Kläger hat durch den Versand der Wählerliste die Personaldaten der gesamten Belegschaft dem Schutz und der Kontrolle der Beklagten entzogen. Er konnte und durfte nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ein derart gravierendes Fehlverhalten ohne Konsequenzen hinnehmen und das Arbeitsverhältnis mit ihm fortsetzen würde. Eine sofortige Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist möglich, wenn die Pflichtverletzung in Art, Schwere und Folgen objektiv erheblich ist, der Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seines Handelns ohne weiteres erkennen kann und er nicht mit der Billigung durch den Arbeitgeber rechnen kann. In solchen Fällen setzt der Arbeitnehmer bewusst seinen Arbeitsplatz aufs Spiel, weshalb keine Warnung erforderlich ist (Linck/Krause/Bayreuther, Kündigungsschutzgesetz, 16. Aufl. 2019, § 1 KSchG, Rn. 482, mit weiteren Verweisen). Dies trifft auch auf den vorliegenden Fall zu.

c) Folglich sind die rechtlichen Anforderungen an einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses in jeder Hinsicht erfüllt. Auch die Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Satz 2 BGB wurde eingehalten. Die Beklagte erhielt am 27.4.2023 Kenntnis von der E-Mail des Klägers, in der er die Wählerliste weitergeleitet hatte. Mit der Kündigung vom 8.5.2023 und dem Zugang des Kündigungsschreibens beim Kläger am selben Tag ist die Frist von zwei Wochen daher gewahrt.

Die Anhörung des Betriebsrats war aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden.