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Kündigung bei Nichttragens vom Arbeitgeber farblich vorgegebener Schutzkleidung

LAG Düsseldorf (3. Kammer), Urteil vom 21.05.2024, Aktenzeichen 3 SLa 224/24

Amtliche Leitsätze:

1. Der Arbeitgeber eines Produktionsbetriebes ist kraft seines Direktionsrechts aus § 106 GewO berechtigt, die Arbeitnehmer der Produktion und der produktionsnahen Bereiche anzuweisen, eine von ihm gestellte Arbeitsschutzhose in roter Farbe zu tragen, wenn die Farbwahl neben dem Umstand, dass der Firmenschriftzug gleichfalls seit jeher in roter Farbe geführt wird (Argument der “Corporate Identity”), zusätzlich dadurch begründet ist, dass die Signalfarbe Rot bewusst zur Verbesserung der Arbeitssicherheit im Hinblick auf die Risiken durch Gabelstaplerverkehr in den Produktionsbereichen gewählt wurde.

2. In einer solchen Anordnung liegt zwar ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers. Dieses wird jedoch nur im Bereich der Sozialsphäre betroffen. Lehnt der Arbeitnehmer das Tragen einer Arbeitsschutzhose der Farbe Rot ohne jede nähere Begründung und letztlich somit “aus Prinzip” ab, die er zuvor jahrelang unbeanstandet getragen hat, setzt sich in der im Rahmen der Billigkeitsprüfung vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung das Interesse des Arbeitgebers an einer Verbesserung der Arbeitssicherheit und der Schaffung einer Corporate Identity durch.

3. Verweigert der Arbeitnehmer vor dem Hintergrund der somit wirksamen Anordnung trotz mehrerer Personalgespräche und zweier Abmahnungen unverändert das Tragen einer roten Arbeitsschutzhose, rechtfertigt dies zumindest die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Tatbestand:

Die Streitigkeiten zwischen den Parteien betreffen die Gültigkeit einer Anweisung des Arbeitgebers, die das Tragen einer roten Arbeitsschutz-Hose vorschreibt. Außerdem wird die Berechtigung des Klägers, sich dieser Anweisung zu widersetzen, sowie die darauf basierenden Abmahnungen vom 03. und 23. November 2023 thematisiert. Des Weiteren geht es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die fristgerechte Kündigung des Arbeitgebers vom 27. November 2023, die zum 29. Februar 2024 wirksam werden soll, sowie um den Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

Der Kläger war seit dem 1. Juni 2014 bei der Beklagten beschäftigt, einem Unternehmen mit etwas über 200 regelmäßig angestellten Arbeitnehmern und ohne bestehenden Betriebsrat. Er arbeitete im Produktionsbereich und erhielt ein Bruttomonatsgehalt von 3.800,00 €. Seine Tätigkeiten umfassten die Verarbeitung von Aluminiumkonstruktionsprofilen zu Betriebsmitteln sowie das Bedienen von Kappsägen und Akkubohrern zum Montieren und Zuschneiden der Profile. Zudem führte er kniende Arbeiten, hauptsächlich während der Montage, durch. Nach Angaben des Klägers agierte er in den letzten Monaten vor der Kündigung als Mitarbeiter in der Instandhaltung und war im Keller mit der Neukonstruktion einer Maschine betraut. Je nach Einsatz hatte er Zugang zu und bewegte sich in allen Bereichen der Hallen, einschließlich solchen, in denen Gabelstapler eingesetzt werden.

Für die Beklagte gilt eine Hausordnung. Im September 2023 wurde eine Neufassung dieser Hausordnung angekündigt, die ab dem 1. Oktober 2023 in Kraft trat. Auf den Inhalt dieser Neufassung wird verwiesen, insbesondere auf Ziffer 7, die bestimmte Regelungen enthält, wie im Dokument vangard 1 festgehalten:

„7. Arbeitskleidung

7.1 Funktionskleidung

Jede Mitarbeiterin bzw. jeder Mitarbeiter repräsentiert item und soll unmittelbar so wahrgenommen werden.“

Für alle betrieblichen Tätigkeiten in Montage, Produktion und Logistik stellt item funktionelle Arbeitskleidung nach den Vorgaben des item Corporate Designs zur Verfügung. Diese Kleidung ist bei den o.g. Tätigkeiten aus Gründen der Funktionalität und der Arbeitssicherheit zu tragen. Dies gilt auch für die produktionsnahen Aufgaben der Instandhaltung, des Gebäudemanagements sowie der Qualitätssicherung.

Diese Arbeitskleidung wird den Mitarbeitenden einschließlich der Teamleitungen zum Tätigkeitsbeginn nach den unten aufgelisteten Modalitäten gestellt. Sie ist bei der Ausübung der Arbeit zu tragen und wird zentral bestellt und geliefert. […]

7.1.1 Betriebliche Kleidung

Die Grundausstattung besteht aus:

2 Hosen, Grundfarbe rot

2 Sweatshirts, grau

5 Oberteilen (wahlweise T-Shirts oder Polohemden), grau

[…]

Die Verwendung von roten Arbeitshosen bei der Beklagten beschränkt sich nicht nur auf die kürzlich überarbeitete Hausordnung, sondern besteht bereits seit mindestens dem Beginn des Arbeitsverhältnisses des Klägers, der diese in der Vergangenheit ohne Beanstandungen getragen hat.

Am 4. Oktober 2023 erschien der Kläger jedoch nicht mit der roten Arbeitshose, sondern mit einer schwarzen Hose. Ihm wurde daraufhin aufgetragen, ab sofort die rote Arbeitshose zu nutzen. 

Am folgenden Tag präsentierte sich der Kläger erneut nicht in der vorgeschriebenen roten Hose, sondern in einer dunklen Arbeitshose. Trotz einer weiteren Aufforderung, die rote Arbeitshose zu tragen, sowie eines diesbezüglichen Personalgesprächs am 19. Oktober 2023 hielt er sich nicht an diese Anweisung. Infolgedessen erhielt er am 3. November 2023 eine Abmahnung.

Unmittelbar nach dieser Abmahnung war der Kläger vom 6. bis zum 20. November 2023 im Urlaub. Nach seiner Rückkehr erschien er sowohl am 21. als auch am 22. November 2023 erneut nicht in der roten Arbeitshose, sondern trug eine private dunkle Hose. An beiden Tagen wurde er für den Rest des Arbeitstags freigestellt, und ihm wurde am 23. November 2023 eine weitere Abmahnung ausgesprochen.

Da der Kläger auch am Freitag, dem 24. November 2023, nicht in der roten Arbeitshose erschien, kündigte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 27. November 2023 fristgerecht zum 29. Februar 2024.

Mit seiner Kündigungsschutzklage wehrt sich der Kläger gegen die ausgesprochene Kündigung.

Inhaltlich bestreitet der Kläger, dass die bereitgestellte rote Arbeitshose besonderen arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben entspricht. Seine Beweggründe erklärt er damit, dass er keine roten Hosen mag und der Ansicht ist, das Direktionsrecht des Arbeitgebers ziele nicht auf die Farbe der Hose ab.

Vor dem Arbeitsgericht Solingen unterlag der Kläger mit seiner Klage.

In der Berufung unterlag der Kläger, das Landesarbeitsgericht Düsseldorf stellte fest, dass die Kündigung wirksam war.

Die Beklagte rechtfertigt ihre Kündigung mit dem Vorwurf, dass der Kläger sich beharrlich weigert, ihrer Anweisung zum Tragen einer roten Arbeitshose nachzukommen, und stützt sich dabei auf verhaltensbedingte Gründe.

Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG dann durch Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und somit sozial gerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat. Zudem muss die Erwartung einer dauerhaft störungsfreien Vertragserfüllung in Zukunft ausgeschlossen sein, und es darf für den Arbeitgeber unzumutbar sein, den Arbeitnehmer über die Kündigungsfrist hinaus weiter zu beschäftigen (BAG, Urteil vom 16.12.2021 – 2 AZR 356/21, juris, Rz. 12).

Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, kann grundsätzlich sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen und stellt daher erst recht einen verhaltensbedingten Grund für eine ordentliche Kündigung dar. Dies gilt nicht nur für die Weigerung, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (BAG, Urteil vom 14.12.2017 – 2 AZR 86/17, juris, Rz. 29), sondern auch für die Verletzung von Nebenpflichten, die der Vorbereitung, Durchführung und Sicherstellung der Hauptleistung dienen (BAG, Urteil vom 28.06.2018 – 2 AZR 436/17, juris, Rz. 16; BAG, Urteil vom 19.01.2016 – 2 AZR 449/15, juris, Rz. 29) sowie für die Verletzung sonstiger Nebenpflichten, die aus dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) resultieren (BAG, Urteil vom 19.01.2016 – 2 AZR 449/15, juris, Rz. 29). Ein Arbeitnehmer verweigert beharrlich die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten, wenn er diese bewusst und nachhaltig nicht erfüllen möchte. Dies kann insbesondere dann angenommen werden, wenn die Pflichten trotz ausdrücklicher Aufforderung und entsprechender Abmahnung weiterhin nicht befolgt werden (vgl. BAG, Urteil vom 05.04.2001 – 2 AZR 580/99, juris, Rz. 24; APS/Vossen, 7. Auflage, § 626 BGB Rn. 209 m.w.N.).

Die Pflichten des Arbeitnehmers ergeben sich aus der objektiven Rechtslage. Sollte der Arbeitnehmer eine arbeitsvertragliche Pflicht mit der Annahme verweigern, er handle rechtmäßig, trägt grundsätzlich er selbst das Risiko, dass seine Rechtsauffassung fehlerhaft ist (BAG, Urteil vom 28.06.2018 – 2 AZR 436/17, juris, Rz. 16; BAG, Urteil vom 19.01.2016 – 2 AZR 449/15, juris, Rz. 29; BAG, Urteil vom 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, juris, Rz. 22; BAG, Urteil vom 23.08.2013 – 2 AZR 273/12, juris, Rz. 32).

In Anbetracht dieser Umstände erweist sich die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. November 2023 als sozial gerechtfertigt und wirksam.

Der Kläger hat sich seit Anfang Oktober 2023 dauerhaft, bewusst und nachhaltig geweigert, der Verpflichtung aus Ziffer 7.1 der aktuell gültigen Hausordnung sowie den dazugehörigen Anordnungen nachzukommen, die das Tragen einer rot gefärbten Arbeitshose vorschreiben.

Durch die Regelung in Ziffer 7.1 der Hausordnung übt die Beklagte ihr als Arbeitgeberin zustehendes Direktionsrecht aus und konkretisiert die Bedingungen, unter denen die Arbeitsleistung in ihrem Betrieb zu erbringen ist. Dies geschieht dahingehend, dass sie anordnet, dass die funktionelle Arbeitskleidung, einschließlich unter anderem einer roten Arbeitshose, für alle betrieblichen Tätigkeiten in der Produktion sowie bei den produktionsnahen Aufgaben der Instandhaltung aus „Gründen der Funktionalität und Arbeitssicherheit“ zu tragen ist (Ziffer 7.1 Absatz 2 der Hausordnung). Der Kläger fällt während seines Arbeitsverhältnisses in den Anwendungsbereich dieser Anordnung, da er im Produktionsbereich sowie, nach seiner eigenen Angaben in der mündlichen Berufungsverhandlung, im produktionsnahen Bereich der Instandhaltung tätig war.

Ziffer 7.1 der Hausordnung und die Anordnung an den Kläger, eine rote Arbeitshose zu tragen, stellen entgegen seiner Sichtweise eine wirksame Konkretisierung der Arbeitsbedingungen dar, unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist.

Die Regelung in Ziffer 7.1 der Hausordnung sowie die darauf basierenden Anordnungen zum Tragen einer roten Arbeitshose finden ihre Rechtsgrundlage in § 106 GewO. Dieser besagt, dass der Arbeitgeber unter anderem den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, sofern diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Gemäß § 106 Satz 2 GewO umfasst die Anordnungsbefugnis insbesondere auch das Verhalten und die Ordnung der Arbeitnehmer im Betrieb.

Da im Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund des Fehlens eines Betriebsrats keine Betriebsvereinbarungen Anwendung finden und die Anordnungsbefugnis der Beklagten aus demselben Grund keiner mitbestimmungsrechtlichen Einschränkung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegt, da keine Tarifbindung von den Parteien dargelegt wurde und es keine gesetzlichen Vorschriften zur Farbe der Arbeitshose gibt, sind der Anordnung der Beklagten insoweit keine Grenzen gesetzt. Die Berufungskammer ist darüber hinaus der Auffassung, dass das langjährige, beanstandungslose Tragen der roten Arbeitshosen durch den Kläger nicht zu einer entsprechenden vertraglichen Einigung zwischen den Parteien geführt hat. Hierzu fehlt es an einem ausreichenden Tatsachenvortrag der darlegungspflichtigen Beklagten. Das bloße widerspruchslose Tragen bestimmter Arbeitskleidung in der Vergangenheit allein reicht nicht aus, um die Annahme einer gültigen vertraglichen Regelung zu stützen.

Somit steht der Beklagten ein Anordnungsrecht gemäß Direktionsrecht aus § 106 GewO innerhalb der allgemein geltenden Grenzen zu, insbesondere der Ausübung billigen Ermessens.

Die Anordnung der Beklagten, in der Produktion und in den produktionsnahen Bereichen, einschließlich der Instandhaltung, eine rote Arbeitshose zu tragen, entspricht dem billigen Ermessen und ist daher wirksam.

Die in § 106 GewO (wie auch in § 315 Abs. 1 BGB) geforderte Billigkeit wird inhaltlich durch die Grundrechte, vor allem durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers gemäß Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, mittelbar bestimmt. Dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Kleidung selber zu wählen und somit selbst zu entscheiden, wie er sich äußerlich präsentieren möchte (vgl. BVerfG vom 03.11.1999 – 2 BvR 2039/99, juris, Rz. 15; Brose/Greiner/Preis, “Kleidung im Arbeitsverhältnis – Persönlichkeitsrechtliche Schranken arbeitsrechtlicher Regelungen”, NZA 2011, 369, 374; Di Fabio in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, EL 39 (Stand: Juli 2001), Art. 2 Rn. 166 m.w.N.). Wenn nun das Recht der Beklagten, im Rahmen ihrer ebenfalls grundrechtlich geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, welche auch ihr als juristischer Person durch Art. 19 Abs. 3 GG zusteht, die Inhalte der Arbeitsverpflichtungen, die Bedingungen der Arbeitsleistung sowie das Verhalten der Arbeitnehmer durch einheitliche Kleidungsvorgaben zu präzisieren, mit den grundrechtlich geschützten Positionen des Klägers in Konflikt gerät, ist es notwendig, das Spannungsverhältnis im Rahmen der Konkretisierung und Anwendung der Generalklauseln der §§ 106 GewO, 241 Abs. 2, 315 Abs. 1 BGB in einen grundrechtskonformen Ausgleich zu bringen. Bei dieser Abwägung sind die kollidierenden Grundrechte in ihrer Wechselwirkung zu betrachten und so zu beschränken, dass die geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (praktische Konkordanz: vgl. BVerfG vom 24.11.2010 – 1 BvF 2/05, juris, Rz. 147; BVerfG vom 30.07.2003 – 1 BvR 792/03, juris, Rz. 16 f.; BVerfG vom 18.10.1993 – 1 BvR 1044/89, juris, Rz. 46; BAG vom 24.09.2014 – 5 AZR 611/12, juris, Rz. 46; BAG vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01, juris, Rz. 40). Bei dieser Abwägung sind sowohl die Intensität der umstrittenen Eingrenzung der Freiheit als auch die durch den Abschluss des Vertrags selbst eingeräumten Begrenzungen der grundrechtlichen Freiheiten der Vertragspartner zu berücksichtigen, ebenso wie der Rang und das Gewicht des mit dem Eingriff verfolgten Ziels sowie die spezifische Bedeutung und der besondere Gehalt des betroffenen Grundrechts oder der kollidierenden Grundrechtspositionen im Hinblick auf den strittigen Regelungskonflikt (BAG vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01, juris, Rz. 40).

Das Bundesverfassungsgericht differenziert hinsichtlich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwischen verschiedenen Schutzbereichen (vgl. BVerfG vom 06.11.2019 – 1 BvR 16/13, juris, Rz. 80 ff.; BVerfG vom 29.06.2016 – 1 BvR 3487/14, juris, Rz. 14; ausführlich hierzu auch Di Fabio in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, EL 39 (Stand: Juli 2001), Art. 2 Rn. 157 ff. m.w.N.). Diese Einteilung umfasst die als unantastbar geltende Intimsphäre, die den Kernbereich der privaten Lebensführung bildet. Darauf folgt die nachgelagerte Privat- oder Geheimsphäre, in der Eingriffe zwar möglich sind, jedoch strengen Vorgaben zur Güter- und Interessenabwägung unterliegen. Schließlich gibt es die Sozial- oder Öffentlichkeitssphäre, die einen Bereich beschreibt, der zwar das Persönlichkeitsrecht berührt, aber von der Öffentlichkeit nicht abgeschottet werden kann. In diesem Bereich weisen Maßnahmen in der Regel eine geringere Belastungstendenz auf, was zu verminderten verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen führt (Di Fabio in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, EL 39 (Stand: Juli 2001), Art. 2 Rn. 160).

Die Anordnung des Tragens einer roten Arbeitshose berührt somit das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers sowie seine allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Jedoch betrifft der Eingriff in den geschützten Bereich weder die Intimsphäre noch die Privatsphäre des Klägers, da keine Vorgaben gemacht werden, die seinen Intimbereich betreffen, und auch nicht in seinen privaten, von der Öffentlichkeit abgekapselten Lebensbereich eingegriffen wird. Vielmehr bezieht sich die Anordnung auf die äußere Arbeitskleidung – konkret auf deren Farbgestaltung – und betrifft ausschließlich das äußere Erscheinungsbild des Klägers im Betrieb während der Arbeitszeit. Damit ist die Sozialsphäre betroffen (analog für Bekleidungsvorgaben, die nicht auch die Unterwäsche betreffen, vgl. Brose/Greiner/Preis, “Kleidung im Arbeitsverhältnis – Persönlichkeitsrechtliche Schranken arbeitsrechtlicher Regelungen”, NZA 2011, 369, 375).

Die Einschränkungen, die der Kläger in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit erfährt, sowie der Eingriff in die Sozialsphäre seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind nach Überzeugung der Berufungskammer durch die ebenfalls grundrechtlich geschützten Rechte der Beklagten gemäß Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Die Beklagte hat das Recht, die Organisation des Betriebs und die auszuführenden Arbeiten zu bestimmen. Zudem ist sie gesetzlich verpflichtet, gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 1, 3, 5, 7 ArbSchG die notwendigen Maßnahmen zum Arbeitsschutz sowie zur Prävention von Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Beschäftigten zu ergreifen. Im Rahmen dieser Organisationsfreiheit und gemäß der Zweckvorgabe in Ziffer 7.1 der Hausordnung hat sie aus Gründen der Funktionalität und der Arbeitssicherheit das Tragen roter Arbeitshosen im Bereich der Produktion und der Instandhaltung angeordnet. Die damit verbundene Einschränkung der Freiheitsrechte des Klägers muss von ihm akzeptiert werden.

Die Anordnung der Beklagten stellt keinen willkürlichen Akt dar, sondern beruht unter anderem – und maßgeblich – auf Überlegungen zur Corporate Identity sowie zur Arbeitssicherheit. Beide Aspekte sind legitime Ziele, deren Verfolgung im Rahmen des Schutzbereichs der Berufsausübungsfreiheit der Beklagten liegt. Die Anordnung ist zudem geeignet, diese Ziele zu erreichen. Durch das einheitliche Tragen roter Arbeitshosen von allen Produktions- und produktionsnahen Mitarbeitern der Beklagten wird ein einheitliches äußeres Erscheinungsbild im Betrieb geschaffen, was zur Formung einer Corporate Identity beiträgt. Dies gilt insbesondere vor dem unbestrittenen Hintergrund, dass Rot die Farbe des Unternehmensschriftzugs der Beklagten ist und somit in der Außenwahrnehmung mit ihr assoziiert werden kann. 

In Bezug auf die Arbeitssicherheit sind rote Arbeitshosen ebenfalls geeignet, diese zu steigern, da Rot als Signal- und Warnfarbe fungiert. Diese Behauptung der Beklagten ist unbestritten, denn auch wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung pauschal bestritten hat, dass das Risiko, von einem Gabelstaplerfahrer übersehen zu werden, mit einer roten Arbeitshose signifikant geringer sei als mit andersfarbigen Hosen, hat er die Signal- und Warnfarbeigenschaften der Farbe Rot nicht in Abrede gestellt. Diese Farbcharakteristik lässt sich zudem durch allgemein zugängliche Quellen wie Wikipedia belegen. Dort wird unter dem Stichwort „Warnfarbe“ aufgeführt, dass die Farben Rot, Gelb und Orange besonders auffallend sind (vgl. den entsprechenden Wikipedia-Eintrag zu „Warnfarbe“).

Darüber hinaus legt die EN ISO 20471 Anforderungen und Spezifikationen für Warnkleidung fest und gibt fluoreszierendes Gelb, Orange-Rot oder Rot als Hintergrundmaterial für Warnkleidung vor. Ob die von der Beklagten bereitgestellte rote Arbeitshose aufgrund fehlender fluoreszierender Farbe die speziellen Anforderungen der EN ISO 20471 nicht erfüllt, ist dabei unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte bewusst Rot als Signal- und Warnfarbe gewählt hat, da solche Farben in der Regel besonders auffallen. 

Da unbestritten in den Werkshallen der Beklagten Gabelstaplerverkehr stattfindet und der Kläger sich im Rahmen seiner Tätigkeit in entsprechenden Bereichen bewegt, ist die Anordnung, eine rote Arbeitshose zu tragen, geeignet, die Arbeitssicherheit zu erhöhen, da sie die Sichtbarkeit für Gabelstaplerfahrer verbessert.

Die Anordnung der Beklagten ist ferner erforderlich, da keine milderen, gleich wirkungsvollen Mittel erkennbar sind, um die von ihr legitim verfolgten Ziele zu erreichen, ohne die Selbstbestimmungsfreiheit des Klägers übermäßig einzuschränken. Die Corporate Identity wird durch das Tragen einer roten Arbeitshose, die die Berufungskammer im Rahmen der Sichtprüfung der Ablichtungen auf Blatt 115 ff. der Akte als üblich, funktional und ohne auffällige Werbung identifizieren konnte, mit minimaler Beeinträchtigung möglicherweise abweichender ästhetischer Empfindungen der Mitarbeiter gefördert. Der Kläger richtet sich nicht gegen die Hose an sich, die zudem von einem renommierten Markenhersteller stammt, sondern spezifisch gegen die Farbe Rot. Eine andere Farbe könnte jedoch die repräsentative Funktion des Unternehmens nicht in gleicher Weise erfüllen, was der Kläger auch nicht behauptet. 

In Bezug auf die Arbeitssicherheit gibt es ebenfalls keine milderen Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht des Klägers, die gleich wirksam wären. Wenn der Kläger in der mündlichen Berufungsverhandlung pauschal und ohne nähere Begründung die bessere Signalwirkung von Rot im Vergleich zu anderen Farben anzweifelt, überzeugt das nicht. Es ist offensichtlich, dass eine Arbeitshose in einer Signal- oder Warnfarbe, wie hier in Rot, eine wesentlich bessere Sichtbarkeit aufweist als in grau oder schwarz, was der Kläger bevorzugt. Diese Tatsache kann von jedem Verkehrsteilnehmer im Alltag beobachtet werden, und es ist kein Zufall, dass gerade die Farben Gelb, Orange und Rot als Warnfarben anerkannt sind, während Schwarz oder Grau nicht dazu zählen. Da der Kläger zu diesem offensichtlichen Punkt keine näheren Ausführungen gemacht hat, muss sein Widerspruch als pauschal und umbeachtlich angesehen werden.

Letztlich erweist sich die Anordnung, während der Arbeitstätigkeit die rote Arbeitshose zu tragen, auch im Hinblick auf das konkurrierende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers als angemessen und damit insgesamt als verhältnismäßig. Sie schränkt das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht des Klägers nur minimal ein. Wie bereits dargelegt, wird das Persönlichkeitsrecht lediglich in der Sozialsphäre berührt, einem Bereich, in dem der Kläger in der Betriebsöffentlichkeit agiert und dabei mit den Interessen und Grundrechtspositionen anderer Mitarbeiter sowie seines Arbeitgebers in Konflikt gerät. Der Arbeitgeber greift hier keinesfalls in die selbstbestimmte Kleidungswahl des Klägers außerhalb seiner Arbeitsleistung im Betrieb ein. 

Dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit in seiner Selbstbestimmung eingeschränkt ist, ergibt sich bereits aus dem Arbeitsverhältnis an sich. Dieses beinhaltet Weisungsrechte und Anweisungen sowohl zur Arbeitsleistung als auch zum ordnungsgemäßen Verhalten, was in § 106 Satz 1 und 2 GewO geregelt ist. Allen Arbeitnehmern ist bei Vertragsabschluss bewusst, dass solche Normen und Weisungsrechte des Arbeitgebers zur Anwendung kommen. Das Interesse des Arbeitgebers an einem einheitlichen Auftreten und Erscheinungsbild der Belegschaft sowie an einer schnellen Differenzierung, insbesondere gegenüber Fremdarbeitern, ist legitim. 

In Bezug auf den Einsatz von Fremdarbeitern und den Kundenkontakt in den Werkshallen bedarf es keiner detaillierten Klärung, da dies unbestritten ist; lediglich der Umfang und die Regelmäßigkeit stehen zur Debatte. Auch wenn unstrittig ist, dass der Kläger keine besondere Kunden- und Außenkontakte hat, bleibt das Interesse der Beklagten an einer einheitlichen Corporate Identity für alle Produktions- und produktionsnahen Mitarbeiter, einschließlich des Klägers, unberührt. Das Gewicht dieses Interesses könnte jedoch durch die Argumente des Klägers, die hier als korrekt angenommen werden, erheblich abgeschwächt werden. Daher muss in diesem Zusammenhang nicht geklärt werden, ob das alleinige Interesse der Beklagten ausreichend ist, um sich gegen das Persönlichkeitsrecht und das Selbstbestimmungsrecht des Klägers durchzusetzen.

Entscheidend sind auch die Beweggründe der Beklagten hinsichtlich der Arbeitssicherheit. Die roten Arbeitshosen sind deutlich sichtbar und aufgrund ihrer Signal- und Warnfarbe besonders geeignet, die Erkennbarkeit im Betrieb zu erhöhen. Dies konnte die Berufungskammer während der Sichtprüfung feststellen; sie hat auch festgestellt, dass die zur Verfügung gestellten Hosen neben der roten Farbe keine besonderen Merkmale aufweisen, die die Persönlichkeitsinteressen des Klägers beeinträchtigen könnten. Der Kläger hat dies ebenfalls nicht geltend gemacht. 

Die allein umstrittene Farbwahl ist durch das Interesse an der Arbeitssicherheit gerechtfertigt, welches sich mit dem Interesse an einer Corporate Identity deckt, ohne dass dies zusätzlich durch beispielsweise einen Firmenschriftzug verstärkt werden muss, wodurch der Arbeitnehmer Bedenken haben könnte, als „Werbetafel“ missbraucht zu werden. Die rote Arbeitshose muss nicht mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass sie Arbeitsunfälle verhindert. Es steht jedoch fest, dass die Wahl einer Signalfarbe grundsätzlich geeignet ist, die Sichtbarkeit der Arbeitnehmer gegenüber Gabelstaplerfahrern zu erhöhen und somit Kollisionen zu vermeiden oder das Risiko zu minimieren, die für Leib und Leben der betroffenen Mitarbeiter ein besonderes Gefährdungspotenzial darstellen. 

Unabhängig davon, ob die Beklagte arbeitsrechtlich verpflichtet ist, solche Signalfarben für die von ihr bereitgestellte Arbeitskleidung im Hinblick auf den Gabelstaplerverkehr zu verwenden, ist ihr Interesse daran jedenfalls durch ihre Organisationsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt und hat aufgrund der damit verbundenen Schutzwirkung für die Mitarbeiter erhebliches Gewicht. Es ist selbstverständlich, dass ein Arbeitgeber im Interesse des Schutzes und der Sicherheit seiner Mitarbeiter über die zwingenden arbeitsrechtlichen Mindestvorgaben hinausgehen und höhere Schutzstandards festlegen kann. Im Gegensatz dazu steht die Weigerung des Klägers, die sich lediglich auf die Signalfarbe Rot bezieht. Er fordert nicht einmal alternativ eine andere Signalfarbe, sondern möchte stattdessen eine Hose in einer Farbe seiner Wahl tragen, die im Zeitraum Oktober/November 2023 auf Grau und Schwarz beschränkt war – und damit auf dunkle Töne, die im Widerspruch zu den Zielen der Beklagten stehen und eher dazu geeignet sind, im Betrieb übersehen zu werden. 

Unabhängig davon wäre es für die Beklagte auch nicht zumutbar, in einem so minimalinvasiven Bereich der Persönlichkeitsrechte ihrer Mitarbeiter nun jedem individuellen Farbwunsch nachzukommen, wenn sie die Kosten für die bereitgestellte Arbeitskleidung selbst trägt.

Soweit der Kläger einwenden möchte, er lege keinen Wert auf fremdfinanzierte Arbeitskleidung, sondern wolle einfach nur – auf eigene Kosten – seine eigene Kleidung tragen, versucht er damit, die berechtigten Arbeitssicherheitsinteressen seines Arbeitgebers hinter seine persönlichen Anliegen zurückzustellen, ohne selbst plausible Gründe für seine Weigerung außer dem allgemeinen Grundrecht anzuführen. Selbst auf wiederholte, ausdrückliche Fragen der Berufungskammer wurde keine medizinische Begründung für die Ablehnung dieser Farbe genannt. Auch wurden keine weiteren Argumente vorgebracht, mit denen man die Rechtspositionen der Beklagten abwägen hätte können. 

Im Gegenteil: Bereits seit der Berufungsverhandlung ist unbestritten, dass der Kläger rote Arbeitshosen seit Beginn seines Arbeitsverhältnisses ohne Beanstandungen getragen hat. Die Verweigerung erfolgte erst nach der Neufassung der Hausordnung der Beklagten und kann mangels nachvollziehbarer Begründung von der Berufungskammer nur als eine Ablehnung „aus Prinzip“ interpretiert werden. Ein solches Prinzip kann jedoch das lediglich in der Sozialsphäre berührte allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht über die Berufsausübungsfreiheit der Beklagten stellen. 

Die Beklagte kann sich ebenfalls auf eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition berufen und hat im Gegensatz zum Kläger nachvollziehbare Gründe für ihre Anordnung. Es ist ihr zudem nicht zuzumuten, ohne konkretisierte Begründungen von ihren Zielen der Corporate Identity und insbesondere der Arbeitssicherheit Ausnahmen zuzulassen. Der Kläger muss somit die verhältnismäßig geringfügige Einschränkung seiner Rechte durch die Anordnung des Tragens der roten Arbeitshose während der Arbeitszeit hinnehmen. Die Ausübung des Weisungsrechts durch die Beklagte steht aus rechtlicher Sicht nicht in Frage.

Da die Weisung bereits aus den zuvor genannten Gründen gerechtfertigt und wirksam ist, kann offen bleiben, ob die roten Arbeitshosen der Beklagten einer bestimmten Schutzklasse entsprechen, insbesondere in Bezug auf den Schutz gegen das Durchstechen von spitzen Gegenständen im Kniebereich. Ebenso ist unklar, ob die vom Kläger getragenen schwarzen und/oder grauen Hosen mindestens denselben Schutzstandard bieten, ob es der Beklagten zumutbar wäre, jedes Mal zu überprüfen, ob die privat beschaffte Hose des Klägers den erforderlichen Schutzstandards genügt, und ob diese Standards weniger bedeutend sind, da die Beklagte – wobei die genauen Umstände und der Umfang teils strittig sind – unbestritten auch das Tragen von kurzen Arbeitshosen gestattet. Auch die Frage, ob die roten Arbeitshosen zur Unterscheidung zwischen eigenen und Fremdarbeitern notwendig sind, um den Status eines „Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten“ gemäß der AEO-Verordnung aufrechtzuerhalten, und ob die Anordnung des Tragens aus diesem Grund angemessen ist, kann ebenfalls offenbleiben.

Wie bereits vom Arbeitsgericht korrekt festgestellt wurde, führt die beharrliche Weigerung des Klägers, der Weisung der Beklagten zum Tragen der roten Arbeitshose nachzukommen, zu einer Pflichtverletzung, die als negativ prognostiziert einzustufen ist. Das Verhalten des Klägers lässt nicht vermuten, dass er in Zukunft von seiner Weigerung Abstand nehmen und die Weisung befolgen wird. Diese negative Prognose wird zudem durch die beiden Abmahnungen vom 03. und 23.11.2023 untermauert, in denen der Kläger ausdrücklich auf seinen Pflichtverstoß hingewiesen und eindringlich zur Einhaltung der Anweisung zum Tragen der roten Arbeitshose aufgefordert wurde – jeweils verbunden mit der klaren Androhung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung. Beide Abmahnungen sind formal korrekt und unmissverständlich formuliert und haben dem Kläger die möglichen Folgen seiner Weigerung deutlich vor Augen geführt. Dennoch ist unstrittig, dass er bis zur Kündigung weiterhin nicht in der bereitgestellten roten Arbeitshose am Arbeitsplatz erschienen ist. Dieses Verhalten bekräftigt die Hartnäckigkeit seiner Weigerung, zulässige Weisungen zu befolgen, und untermauert die negative Prognose für die Zukunft.

Im Hinblick auf die Durchsetzung legitimer Anweisungen, die Aufrechterhaltung der Ordnung im Betrieb und die Wahrung der Betriebsdisziplin war die Beklagte berechtigt, am 27.11.2023 fristgerecht zu kündigen. Die Interessenabwägung, wie bereits vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, fällt eindeutig zu Ungunsten des Klägers aus. Dieser hat vorsätzlich und beharrlich seine Pflichten, die unter anderem aus der Hausordnung resultieren, verletzt. Gründe, die eine Rechtfertigung oder Entschuldigung bieten könnten, sind nicht erkennbar. Vielmehr scheint das Verhalten des Klägers geradezu absichtlich provozierend zu sein. Anstatt die von ihm über viele Jahre hinweg getragenen roten Arbeitshosen für einen vorübergehenden Zeitraum „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ zu behalten und die rechtliche Streitfrage durch den anhängigen Feststellungsantrag (Ziffer 2) klarstellen zu lassen, hat er von einem Tag auf den anderen das Tragen der Arbeitshose in einer Farbe verweigert, die er zuvor jahrelang getragen hatte. Damit wollte er offensichtlich einen Konflikt mit seinem Arbeitgeber herbeiführen. Dieser hatte keine andere Möglichkeit, als zu kündigen, wollte er nicht Teile der von ihm rechtmäßig festgelegten Betriebsordnung zurücknehmen und damit signalisieren, dass die Regelbefolgung im Belieben des Klägers liegt. Obwohl ein Grund für eine außerordentliche, fristlose Kündigung vorgelegen hätte, entschied sich die Beklagte für das mildere Mittel der ordentlichen Kündigung, wodurch die mehr als neun Jahre ohne Beanstandungen zurückliegende Betriebszugehörigkeit des Klägers angemessen berücksichtigt wurde. Ob trotz der langjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers, die als einziges gewichtiges Interesse auf seiner Seite gilt, die fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre, bleibt hier unentschieden. Die ordentliche Kündigung wird seitens der Berufungskammer jedoch nicht beanstandet. Das Beendigungsinteresse der Beklagten setzt sich aus den genannten Gründen unter Einhaltung der Kündigungsfrist gegen das Bestandsinteresse des Klägers durch. Dieser hätte es problemlos und vor dem Hintergrund jahrelanger praktischer Handhabung in der Hand gehabt, die streitige Rechtsfrage zur roten Arbeitshose zu klären, ohne das Arbeitsverhältnis zu gefährden. Stattdessen wählte er den Weg der kompletten Konfrontation und damit die rechtliche Eskalation der Auseinandersetzung. Dies stellte einen „Alles oder Nichts“-Ansatz dar, auf den die Beklagte im Hinblick auf die von ihr mit der Anordnung des Tragens verfolgten legitimen Ziele, nämlich die Aufrechterhaltung der Ordnung im Betrieb und die Sicherstellung der Betriebsdisziplin, reagieren musste. Nach zweimaliger erfolgloser Abmahnung blieb ihr letztlich nur die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung. Diese hat für den Kläger rechtlich unbeanstandet nun zum „Nichts“ geführt und somit zu dem gerechtfertigten Verlust seines Arbeitsplatzes.