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Kollegen in der Facebook-Gruppe bedroht: BVG war berechtigt, den Berliner Tram-Fahrer zu entlassen

Vorabinformation zur Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 07.10.2024, Aktenzeichen 59 Ca 8733/24

Vorabinformation:

Eine Fotomontage in einer Facebook-Gruppe für BVG-Mitarbeiter ist einem Straßenbahnfahrer zum Verhängnis geworden.
Die Berliner Verkehrsbetriebe durften dem alleinerziehenden Vater kündigen, da der Beitrag als bedrohlich für gewerkschaftlich engagierte BVG-Mitarbeiter eingestuft wurde, so das Arbeitsgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 07.10.2024.

Sachverhalt:

Das Arbeitsgericht Berlin betrachtete die fristlose Kündigung, die von dem Verkehrsbetreiber ausgesprochen wurde, als unwirksam, stimmte jedoch der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zu (Urteile vom 07.10.2024 – 59 Ca 8733/24 und 59 Ca 11420/24). Das Arbeitsgericht sah einen Kündigungsgrund darin, dass der Straßenbahnfahrer in einer großen Facebook-Gruppe seine Kollegen bedroht und dadurch eine erhebliche Störung des Betriebsfriedens verursacht habe. Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist des alleinerziehenden Vaters sei jedoch für die Arbeitgeberin zumutbar.

In einer Facebook-Gruppe für BVG-Fahrer mit über 1.000 Mitgliedern, in der er als Administrator tätig war, hatte der Fahrer eine Fotomontage veröffentlicht. Diese zeigte einen auf dem Boden knienden Mann, auf dessen Kopf eine Pistole gerichtet war. Neben diesem Bild waren das Logo der Deutschen Bahn sowie der Schriftzug der Gewerkschaft ver.di zu sehen. Die Fotomontage trug den Titel „VER.DI HÖRT DEN WARNSCHUSS NICHT!“

Nachdem mehrere Kollegen und Kolleginnen des Bahnfahrers bezüglich des Posts Beschwerde eingelegt hatten, erteilte die BVG, nach einer Anhörung eine fristlose Kündigung und hilfsweise eine ordentliche Kündigung. Der Mann erhob gegen diese Entscheidung erfolglos Klage vor dem Arbeitsgericht.

Das Arbeitsgericht Berlin wertete den Post als Bedrohung für jene Kollegen, die aktiv in der Gewerkschaft tätig sind. Dies resultiere insbesondere aus der Ausrichtung des Pistolenlaufs auf den Kopf des abgebildeten Mannes, so das Gericht. Die eingegangenen Beschwerden bestätigten zudem, dass die Kolleginnen und Kollegen des Bahnfahrers den Beitrag als Drohung wahrgenommen hatten, die konkret und nicht durch die Meinungsfreiheit gerechtfertigt sei. Darüber hinaus führte die Fotomontage zu einer erheblichen Störung des Betriebsfriedens, die eine Kündigung rechtfertigte.

Obwohl die Chatgruppe als privat betrachtet wird, richtet sie sich laut Urteil ausdrücklich an das Fahrpersonal der BVG und hat mit rund 1.000 Mitgliedern eine nicht mehr überschaubare Anzahl von Adressaten. Der Beitrag war zudem auf eine Außenwirkung ausgelegt, stellte das Gericht fest. Zudem wurde eine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten festgestellt, bei der klar erkennbar ist, dass die Arbeitgeberin eine solche Verhaltensweise nicht akzeptiert. Daher war eine vorherige Abmahnung nicht notwendig.

Im Rahmen der Interessenabwägung hielt das Arbeitsgericht jedoch eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für zumutbar. Der gekündigte Arbeitnehmer, der alleinerziehender Vater von drei Kindern ist, benötige einen größeren zeitlichen Vorlauf, um eine neue Stelle zu finden.