Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung bei Kündigung

Kündigung basierend auf verdeckter Ermittlung unwirksam

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Juli 2017, Aktenzeichen 2 AZR 681/16

Die verdeckte Ermittlung mit einer Keylogger-Software am Arbeitsplatz verletzt das Grundrecht des Überwachten auf informelle Selbstbestimmung. Die so gewonnenen Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden.

Kündigung in der Regel nur nach Abmahnung

Kündigung ohne vorherige Abmahnung nicht wirksam

Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 05.05.2017, Aktenzeichen 14 Sa 608/16

Bevor eine außerordentliche oder ordentliche, fristgemäße Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung ausgesprochen wird, ist regelmäßig eine Abmahnung erforderlich. Bei Vertragspflichtverletzungen durch steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers ist grundsätzlich anzunehmen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann.

Diese verhaltensbedingte Kündigung ist sozial ungerechtfertigt

Verhaltensbedingte Kündigung nach mehreren Abmahnungen sozial nicht gerechtfertigt

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 24.04.2017, Aktenzeichen 4 Sa 876/16

Die Interessenabwägung im Einzelfall kann auch nach mehreren Abmahnungen eine verhaltensbedingte Kündigung als sozial nicht gerechtfertigt gelten lassen.

Keine fristlose Kündigung für geringfügige Privattelefonate

Privattelefonate in geringem Umfang sind kein Grund für eine fristlose Kündigung

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.01.2017, Aktenzeichen 5 TaBV 8/16

Privattelefonate sind nur dann ein Grund für eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung, wenn ein exzessives Ausmaß erreicht wurde, das bei einem Zeitanteil von 15 bis 20% der Arbeitszeit liegt.

Interessenabwägung bei fristloser Kündigung

Fristlose Kündigung während Freistellung

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.11.2016, Aktenzeichen 5 Sa 1201/16

Entstehen Pflichtverletzungen zum Ende des Arbeitsvertrages und während einer Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit, kann dies zugunsten des Arbeitnehmers in der Interessenabwägung berücksichtigt werden.

Kein Kopftuchverbot in öffentlichen Kitas

Muslimische Kita-Erzieherin darf Kopftuch tragen

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 18.Oktober 2016, Aktenzeichen 1 BvR 354/11

Der Schutz des Grundrechts auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gewährleistet den Erzieherinnen und Erziehern in Kindertageseinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft die Freiheit, den Regeln ihres Glaubens gemäß einem religiösen Bedeckungsgebot zu genügen, wie dies etwa durch das Tragen eines Kopftuchs der Fall sein kann, wenn dies hinreichend plausibel begründet wird.

Abmahnung geht vor Kündigung

Kündigung ohne Abmahnung nicht gerechtfertigt

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.April 2013, Aktenzeichen 10 Sa 2339/12

Kann bereits mit einer Abmahnung die zukünftige Vertragstreue einer Mitarbeiterin erreicht werden, muss dieses Mittel zur Verhaltenssteuerung genutzt werden, bevor eine Kündigung ausgesprochen wird. Eine Kündigung muss zudem mit einer Interessenabwägung verbunden werden und der Prüfung, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist.

Kündigung ohne Abmahnung sozialwidrig

Sozialwidrige Kündigung eines leitenden Angestellten

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 04.12.2014, Aktenzeichen 6 Sa 582/14

Die betriebsbedingte Kündigung eines leitenden Angestellten bedarf keiner Zustimmung des Betriebsrats. Die Kündigung ist jedoch sozial nicht gerechtfertigt, falls vorher keine Abmahnung erfolgt.

Fristlose Kündigung ohne Abmahnung unwirksam

Fristlose Kündigung wegen Missachtung des Rauchverbots

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.08.2013, Aktenzeichen 1 Sa 80/13

Der Verstoß gegen das Rauchverbot ist selbst in einer Lackiererei kein Grund zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Nur bei der konkreten Gefahr von Brand und Explosion wäre die fristlose Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt gewesen.

Ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.10.2011, 9 Sa 110/11

Der Leiter eines städtischen Jugendraumes wurde mehrfach wegen verschiedener Pflichtverletzungen abgemahnt. Im Verlauf einer mehrmonatigen Freistellungszeit betrieb der Leiter des Jugendraumes öffentliche Lobbyarbeit über Facebook und andere öffentliche Kanäle, um innerdienstliche Probleme an den Pranger zu stellen.